Arbeiten trotz Kummer

Eine Trennung, Schwierigkeiten mit dem pubertierenden Sohn, der Unfall des Schwagers, finanzielle Sorgen – sind wir mit privaten Problemen beschäftigt, kann ­einem die Arbeit schnell über den 
Kopf wachsen. Wie viel Krise verträgt 
der Job?

Wer wie die Royals, wie Politiker, Schauspieler oder Sänger im Rampenlicht steht, hat keine Wahl. Denn wie sehr private Probleme auch belasten, bei öffentlichen Auftritten ist Professionalität oberstes Gebot, und das heisst: Das Publikum darf von der seelischen Schieflage nichts mitbekommen.

Wie aber ist das bei Menschen, die ein «normales» Leben führen, die in Grossraumbüros, Restaurants, Lebensmittel- oder Kleidergeschäften arbeiten? Sicher, den einen oder anderen Seelenschnupfen können wir uns leisten. Sind die Probleme aber grösser, können auch 
wir nicht einfach den Arbeitsplatz verlassen und wiederkommen, wenn die Krise ausgestanden ist. Frei nehmen eventuell. Für eine kurze Zeit. Aber schwerwiegende Probleme lassen sich nicht so rasch aus der Welt schaffen.

Wie also sollen wir uns bei der Arbeit verhalten, wenn es persönliche Probleme gibt? Sollen wir von der Scheidung erzählen? Können die Arbeitskollegen und der Chef wissen, dass die Tochter magersüchtig ist, man die Mutter bei sich aufgenommen hat, weil sie pflegebedürftig geworden ist? Oder ist es besser, sich zusammenzureissen, so gut wie möglich seine Arbeit zu machen und die privaten Sorgen zu verschweigen?

Eine allgemeingültige Verhaltensstrategie gibt es nicht. Dazu sind die Menschen, ihre Jobs und die damit verbundenen Funktionen und Aufgaben zu verschieden. Aber es gibt ein paar Richt­linien, an die wir uns halten können. Damit können wir vermeiden, dass die persönlichen Probleme auch noch berufliche nach sich ziehen.


Strategien, um 
arbeitsfähig zu bleiben

Wichtig: Wenn Ihre Leistung über einen längeren Zeitraum beeinträchtigt ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt über eine mögliche Krankschreibung sprechen.

Informieren – Arbeitskollegen
Es macht keinen Sinn, jedem in der Firma von seinen Problemen zu erzählen. Aber Kollegen, zu denen Sie ein gewisses Vertrauensverhältnis haben, sollten wissen, was Sie belastet. Sie können Sie unterstützen, etwa indem sie Ihnen Arbeiten abnehmen, damit Sie früher Feierabend machen können. Zudem interpretieren sie Ihr Verhalten nicht falsch und beziehen Ihr «Neben der Spur sein» nicht auf sich.

Informieren – Chef
Ein heftiger Krach mit dem Partner, Streit mit dem Bruder um das Erbe, der Lieblingsonkel ist krank – auch wenn solche Ereignisse ­belastend sind, braucht der Chef davon nichts zu wissen. Anders ist das, wenn die Probleme Ihre Leistung langfristig beeinträch­tigen und wenn Sie eine leitende oder kontrollierende Funktion haben. Leidet hier die Arbeit unter der Krise, warten Sie nicht, bis der Vorgesetzte Sie darauf anspricht. Informieren Sie von sich aus, dass Sie eine schwere Zeit durchmachen. Klären Sie auch ab, ob und wie Sie eventuelle Absenzen (für Anwalt, Gericht, Therapie usw.) kompensieren können.

Details für sich behalten
Dass Sie in Trennung leben, darf man wissen. Halten Sie sich aber mit Details zurück. Wer wen verlassen hat und weshalb – solch intime Geständnisse verbreiten sich in der Firma schnell und können gegen Sie ausgespielt werden.

Den heissen Draht 
abkühlen lassen
Es tut gut, wenn die Freundin oder die Mutter sich nach Ihrem Befinden erkundigt. Aber sie sollen das vor oder nach der Arbeit, oder in der Mittagspause tun. Zu viele private Telefongespräche können zum Problem werden. Dasselbe gilt auch für E-Mails, die vom Geschäft aus versandt werden. Und auch die Gespräche, die Sie mit den Arbeitskolleginnen über Ihre Krise führen, sollten nicht überborden.

Einen neutralen Ort bewahren
Bedenken Sie: Je weniger am Arbeitsplatz von Ihren persönlichen Problemen bekannt ist, umso mehr kann er zu einem Ort werden, der Ihnen guttut, weil Sie hier auf andere Gedanken kommen.

Danke sagen
Geht es in Ihrem Leben wieder aufwärts, bedanken Sie sich bei den Kollegen und dem Chef für die Unterstützung.