«Nach der Schwangerschaft war ich taub»

Als Kate die Schreie ihres Babys nicht mehr hören kann, bekommt sie Panik. Es stellte sich heraus, dass sie unter einem genetischen Defekt leidet, von dem sie nichts wusste.

Als Kate Llewelyn-Waters mit starken Wehen in den Kreisssaal gebracht wird, spürt sie, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Doch die Schmerzen sind so heftig, dass sie niemanden fragen kann. Sie versucht sich selbst zu beruhigen, atmet so, wie sie es beim Geburtsvorbereitungskurs gelernt hat. Doch es hilft nichts. Sie merkt, wie sich ihre kleine Tochter mit aller Kraft ans Licht der Welt kämpfen will. Doch es gibt Komplikationen. Am Ende muss das Mädchen per Kaiserschnitt geholt werden, Kate verliert vor Schmerzen das Bewusstsein.

«Ich erinnere mich noch genau, wie ich die Augen wieder öffnete und Beatrix das erste Mal im Bettchen neben mir sah», erzählt Kate der Zeitschrift «Closer» sieben Jahre nach der dramatischen Geburt. «Ich sah, wie sie sich bewegte, wie sie strampelte. Sie schrie, hatte schon einen ganz roten Kopf. Doch ich konnte sie nicht hören. Alles um mich herum war still. Das war der Moment, als Panik in mir hochkam.»

Die heute 43-Jährige leidet unter einer Otosklerose, einer seltenen genetisch bedingten Erkrankung der Knochen, die das Innenohr umgeben. «Vor der Schwangerschaft mit Beatrix wusste ich nichts davon», sagt Kate. «Und als ich in der 40. Woche auf dem einen Ohr ein bisschen schlechter gehört habe, dachte ich mir nichts dabei.» Ein normales Schwangerschafts-Wehwehchen, das wieder weggehen würde, nahm sie an.

Doch es blieb. Und wurde sogar noch stärker. Denn die Baby-Hormone in Kates Blut verschlimmerten die Erkrankung − sie liessen die winzigen Knochen in den Ohren so sehr wachsen, dass sie auf die Nerven drückten. Resultat: Schallwellen wurden blockiert, Kate konnte ihre Umwelt immer schlechter akustisch wahrnehmen. Die schwierige Geburt von Beatrix sorgte am Ende gar dafür, dass sie 60 Prozent ihres Gehörs verlor − und ihr Baby nicht hören konnte.

«Als klar war, was ich habe, rieten mir die Ärzte zu einer Operation», erzählt sie. Doch nach langem Hin und Her entschied sie sich dagegen. «Die Gefahr ist einfach zu hoch, dass ich durch die Operation komplett taub werde.» Aber: Kate wollte noch einmal Mutter werden. Obwohl auch das ein grosses Risiko barg. Denn eine weitere Schwangerschaft könne ebenfalls zur Taubheit führen, warnte sie ihr Arzt.

Etwa anderthalb Jahre nach Beatrix’ Geburt kommt der kleine Albert zur Welt. Es verläuft alles normal, dieses Mal gibt es keine Probleme. Doch Kate hört plötzlich noch schlechter. «Aktuell bekomme ich noch maximal 20 Prozent von dem mit, was eine Frau in meinem Alter eigentlich hören sollte», sagte sie weiter zu «Closer». «Es gibt Tage, da fühle ich mich wie meine eigene Grossmutter.» Doch für ihre Kinder will sie jung bleiben. «Sie müssen mit ihrer Mama kommunizieren können», erklärt die Britin. Deshalb lernte Kate Lippenlesen und Gebärdensprache. Dazu noch viele andere Signale, Töne und Zeichen, die ihr das Leben mit zwei kleinen Kids erleichtern. Und überall im Haus sind Kameras installiert. «Ich kann in der Küche nicht hören, wenn meine Tochter in ihrem Zimmer ist und nach Hilfe ruft», sagt sie. «Aber auf dem Monitor sehe ich, wenn sie die Hand zweimal hebt und mich so alarmiert.» Im Alltag funktioniere das sehr gut. «Das liegt aber auch daran, dass ich zwei ganz besondere Kinder habe», sagt Kate stolz. «Nur ein drittes Baby, das ist vom Tisch. Dieses Risiko ist mir dann wirklich zu gross.»