«Mit der Trauer ist bei mir keiner allein»

Wer verlassen wurde oder verwitwet ist, ist bei Claudia richtig. Sie schickt Menschen auf eine Reise, sagt: «Bei mir lernt jeder wieder lachen.»

«Bei mir finden die Menschen zurück ins Leben», verspricht Claudia Heyne (54), die mit grossem Erfolg Trauerreisen organisiert und auch begleitet. Ihre Idee: Sie bringt Trauernde zusammen und schickt sie auf eine entspannte Reise. Wenn sie endet, haben alle wieder Zuversicht.

Claudia Heyne hat das Unternehmen Rebo-Reisen (www.re-bo-reisen.de) von ihrer Mutter Irma übernommen. Die erfahrene Reisebüro-Expertin hatte 2004 ihr Geschäft verkauft, um Zeit für ihren Mann zu haben. Gemeinsam wollten sie sich die Welt ansehen. Doch ein halbes Jahr später starb er. Irma trauerte sehr. Aufgefangen hat sie ein Gesprächskreis mit anderen Betroffenen. Damals kam ihr die Idee, ein Reiseunternehmen für Trauernde zu gründen. «Ihre Regenbogen-Reisen sollten von der Trauer – über eine Brücke – zu neuem Leben führen», erklärt Claudia das Logo. «Es war ein voller Erfolg. Meine Mutter hat durch ihr Engagement auch ihre eigene Trauer in den Griff bekommen.»

Doch 2016 stirbt Irma mit 79 Jahren. Viele Reisen sind bereits gebucht. Claudia, selbst Reisebüro-Kauffrau, übernimmt das Geschäft. «Meine Mutter hat sich sehr für ihre Idee eingesetzt. Ich will nicht, dass alles umsonst war.»

Sie selbst ist längst mit ganzem Herzen dabei. «Ich kann gut zuhören. Das ist wichtig.» Und da sie weiss, dass eine Trennung oder Scheidung ähnlich schmerzt wie der Tod, hat sie bei ihren Reisen auch verstärkt verlassene Frauen im Auge. «Das Beziehungskarussell dreht sich doch bei uns immer schneller. Zu mir kommen viele Frauen um die 50, die von ihren Männern gegen eine Jüngere ausgetauscht worden sind. Die leiden richtig und brauchen wirklich Hilfe.»

Wer mit Claudia in die Welt fährt, hat die erste Phase der Trauer schon hinter sich. Dennoch gibt es immer wieder bedrückende Momente. Auslöser sind bestimmte Sehenswürdigkeiten, die einen an schöne Zeiten erinnern. Oft reicht eine Melodie, ein Bild, und schon stürzt die Stimmung ins Bodenlose und Tränen laufen. Und dann sind sie da, die anderen Betroffenen, die sich gut in solche Situationen hineinfühlen können. «Es ist der Austausch, der guttut», sagt Claudia. «Man weiss, dass der andere das alles auch erlebt hat und fühlt sich sofort aufgehoben. In einer normalen Reisegruppe will doch niemand so etwas hören. Das stört die Erholung.» Dazu kommt die Wohlfühlstimmung, die nicht zulässt, dass die Menschen lange in ein Tief rutschen. «Meer, Palmen, Urlaubsflair, das schafft Leichtigkeit und lenkt vom Grübeln ab.»

Für diejenigen, denen das noch nicht hilft, nimmt Claudia Heyne immer eine zertifizierte Trauer­begleiterin mit. Oft ist ihr Einsatz gar nicht nötig, aber es beruhigt, dass jemand da ist, der notfalls professionell eingreifen kann. «Man kann sie auf die Trauer ansprechen, muss es aber nicht. Wenn alles gut geht, diskutiert man eben mit ihr über die Ausstellung oder den Pooltag.»

Für Claudia ist das Unternehmen mehr als eine Existenz. «Ich lerne fantastische Menschen kennen, die alle an ihren schlimmen Schicksalen wachsen. Ein bisschen daran mitwirken zu können, ist einfach schön.»

Wenn sich ihre Kunden am Ende der Reise verabschieden und zurück in die leere Wohnung fahren, ist meistens noch nicht Schluss. «Ich habe viele Stammkunden. Und ich bekomme jede Menge Mails von Frauen, die wieder glücklich geworden sind. Oft hat sie die Reise mutig gemacht, nach vorn zu sehen und an einer Zukunft zu basteln. Einmal hat sich auch ein Paar direkt inein­ander verliebt. All das ist für mich die schönste Bestätigung.»