«Leonie starb einsam in einem kalten Zimmer»

Endlich gibt es Gerechtigkeit im Fall der ­getöteten ­Leonie: Ihr Stiefvater muss ins Gefängnis. Für sein Urteil erhielt der Richter Applaus.

Lebenslange Haft für Kindsmörder Daniel H.! Das Gericht in Neubrandenburg (D) sah es als erwiesen an, dass die kleine Leonie (6) von ihrem Stiefvater zu Tode geprügelt wurde
(die GP berichtete). Als das Urteil fiel, gab es Applaus im Gerichtssaal. Der 28-Jährige wurde in allen Anklagepunkten für schuldig befunden.

Wenige Tage vor dem ersten Todestag von Leonie sprach ihn das Gericht des Mordes durch Unterlassen, der Körperverletzung mit Todesfolge und der Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig. Mit dem Urteil folgte die Schwurgerichtskammer der Forderung der Staatsanwaltschaft, wie «Bild» berichtet. Diese hatte eine lebenslange Haftstrafe verlangt und dies vor allem auf Angaben von Leonies Mutter gestützt. In seiner Urteilsbegründung betonte Richter Jochen Unterlöhner, welches Martyrium das Mädchen durchlebt
haben musste: «Leonie starb nicht infolge einer Krankheit und nicht infolge eines Unfalls, sondern vielmehr an den Folgen gezielter, massiver, stumpfer und mehrzeitiger Gewalteinwirkungen.» Der Richter weiter: «Leonie starb einsam und allein in einem kalten Zimmer, das muss man sich mal vorstellen. Niemand war bei ihr. Die einzigen Stimmen, die sie hörte, waren die aus dem Fernsehen. Es lief ein Trickfilm.» Dabei sei die Rettungswache nur sieben Minuten Fussmarsch entfernt.

Während Leonie um ihr Leben kämpfte, habe der Angeklagte in der Küche geraucht. Auch die Mutter sei nicht bei dem Mädchen gewesen. «Dieses Verfahren hat sämtliche Beteiligte emotional herausgefordert. Wir konnten nicht alles lückenlos aufklären, vieles bleibt im Dunkeln. Aber die wesentlichen Fragen konnten geklärt werden. Trotz Abstreitens des Angeklagten ist es uns gelungen, Licht in das Dunkel des Waldes zu bringen», sagte Unterlöhner laut «Bild». «Der Angeklagte muss das nun mit seinem Gewissen und seinen Verteidigern ausmachen.» Das Gericht habe keine Zweifel, dass er selbst die Taten ausgeführt hat.

Anfang des vergangenen Jahres wurde Leonie (6) leblos in ihrem Bett gefunden, das kleine Mädchen war nicht mehr zu retten – schwerste Kopfverletzungen, Knochenbrüche, innere Blutungen. Laut Aussagen des Stiefvaters  soll Leonie vor ihrem Tod eine Treppe hinuntergefallen sein. Das schloss Rechtsmedizinerin Britta Bockholdt jedoch aus. Leonie sei nach einer Hirnblutung infolge «massiver stumpfer Gewalt» gestorben. Dieses Hirnbluten habe zusammen mit Entzündungen an der Lunge, an Rippen und ihrer Blutarmut zum Tode geführt.

«Es war ein langsamer Sterbeprozess», stellte Bockholdt klar. Sie hatte Leonies Leiche untersucht und zahlreiche (auch ältere) Verletzungen im Kopfbereich des toten Kindes entdeckt. Sie fand innere und äussere Verletzungen, die sehr wahrscheinlich von Tritten, Schlägen und Box-Hieben stammten.

Mehrere Zeugen schilderten im Prozess die Gewaltbereitschaft von David H., auch sein eigener Cousin Marko K. «David hat Leonie mit dem Handrücken und voller Wucht ins Gesicht geschlagen, sie stürzte gegen die gegenüberliegende Wand, weinte und schrie  laut», schilderte dieser. Auslöser: Das kleine Mädchen habe eine Windel in den falschen Müllsack in der Küche geworfen. «Er hat richtig ausgeholt, ich erinnere mich noch genau. Anschliessend packte David die Kleine und steckte das Mädchen kopfüber in den schwarzen Müllsack.»

Auch Leonies Mutter Janine Z. (25) hatte den Angeklagten hinter verschlossenen Türen nach Angaben von Prozessbeteiligten stark belastet und von einer «Spirale der Gewalt» in der Familie gesprochen. Auch sie wird sich vor Gericht verantworten müssen. Gegen sie wird separat wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft ist unklar, warum sie die häufigen Verletzungen von Leonie nicht eher gemeldet und Hilfe geholt hatte. Sie selbst hatte angegeben, vom Angeklagten bedroht worden zu sein. «Beide tragen, jeder für sich, die strafrechtliche Verantwortung. Auch Frau Z. wird diesbezüglich zur Verantwortung gezogen», kündigte der Richter an, sagte weiter: «Wer als Brandstifter ein Haus in Brand steckt, kann sich nicht rausreden, dass der Nachbar das Feuer gesehen, aber nicht die Feuerwehr gerufen hat. Beide müssen sich zur Verantwortung ziehen lassen, sie sind Täter und Nebentäter.»