Fünf Monate im ­eigenen Körper eingesperrt

Nach einem Schlaganfall fiel die junge Frau ins Koma. Klaudia ­war vollständig ­gelähmt, bekam aber alles mit, was um sie herum geschah. Es begann ein verzweifelter Kampf zurück ins Leben.

Klaudia Rachwal (26) will ihren Eltern sagen, dass sie nicht stirbt. Dass sie alles wahrnimmt, was um sie herum passiert. Jedes Wort hört. Aber sie bringt keinen Ton heraus, kann noch nicht einmal schlucken. Oder den kleinen Finger bewegen. Nicht einen Millimeter.

Rückblick ins Jahr 2015: Klaudia studiert Mikrobiologie in Dublin (Irland). Dafür hat sie ihre Heimat Polen verlassen. Im September will sie ihre Familie in Zywiec (Südpolen) besuchen. Einen Tag vor dem Abflug klagt sie beim Volleyball-Training über Unwohlsein und starke Kopfschmerzen. Doch am nächsten Tag sind die Beschwerden weg, sie denkt sich nichts weiter dabei. Klaudia fliegt nach Polen. Als sie ankommt, geht es ihr plötzlich schlechter, ihre linke Körperhälfte wird taub. Und dann geht alles sehr schnell: Klaudia kommt ins Spital, fällt ins Koma. Nur die Maschinen halten sie am Leben.

Die Ärzte stellen fest, dass sie am Locked-in-Syndrom leidet. Das heisst: Die Studentin ist bei vollem Bewusstsein, aber gleichzeitig vollständig gelähmt. «Es war so gruselig. Ich wachte auf und konnte mich sofort an alles erinnern. Ich habe versucht, mich zu bewegen, aber ich war in meinem Körper eingesperrt», sagte sie der «Bild am Sonntag». Etwa fünf Monate wird das so dauern.

Nach einigen Wochen im Spital kann Klaudia mit Hilfe ihrer Augen signalisieren, dass sie ihren Angehörigen zuhören kann. «Meine Eltern zeigten mir ein Alphabet, und ich blinzelte immer, wenn sie bei einem Buchstaben stoppen sollten. So formulierte ich Wörter.»

Das gibt ihr Hoffnung. Nach vier Monaten schafft sie die ersten Laute, dann die ersten Worte. Sie lernt schlucken und schafft es sogar, mit Hilfe von Gehstützen wieder zu stehen. Heute, zweieinhalb Jahre später, kann sie darüber sprechen. Klaudia, die kürzlich ihren Uni-Abschluss gemacht hat: «Tag für Tag fühlte es sich an, als ob ich keine Fortschritte machte. Aber wenn ich sehe, wie weit ich gekommen bin, ist es ein echtes Wunder.»