Ein letztes Amen nach 744 600 Stunden Gebet

Wegen Nachwuchsmangel geben «Die rosa Schwestern» nach 86 Jahren auf. Die Nonnen werden nun auf zwei an­dere Klöster verteilt.

Wir alle beten etwas an. Der eine betet den Erfolg an. Oder Geld. Der an­dere geht ins Fitnesstrainig oder ins Kosmetikstudio und stellt sein Aussehen in den Mittelpunkt seines Lebens. Auch Promis geniessen Verehrung. In der Regel mehr, als sie verdient haben.

Es gibt aber tatsächlich noch Menschen, die ganz klassisch Gott anbeten. Ununterbrochen. Rund um die Uhr. Ein Ort, an dem das noch geschieht, ist das Kloster der Steyler Anbetungsschwestern im Berliner Westend. Wegen der Farbe ihres Gewandes werden sie im Volksmund «rosa Schwestern» genannt. Sie beten für die Stadt und die Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner.

Das Traurige: Das Kloster in Berlin wird in Kürze schliessen. Nach 85 Jahren oder 744 600 Stunden ununterbrochenen Gebets. «Nachwuchsprobleme», sagt die deutsche Ordensleitung im westfälischen Bad Driburg der «Bild»-­Zeitung. Die elf noch in Berlin verbliebenen Nonnen werden auf die zwei anderen Standorte des Ordens, in Bad Driburg und Steyl (Niederlande), aufgeteilt. Auch dort schwindet die Zahl der Nonnen. Existenzbedrohend für den kleinen Orden.

«Ich bin so traurig», sagt Schwester Maria Trinidad (67). «Aber in Bad Driburg ist es auch wunderschön, besonders das Umland», versucht sie sich zu trösten und tritt damit ins Fettnäpfchen. Denn: Die Nonnen verlassen ihr Kloster nie! Es wird «nur» gebetet.

Das hektische Berlin verliert nun eine Oase der Ruhe. Der Trost? Die Anwohnenden kämpfen dafür, dass er als Ort des Gebets erhalten bleibt. Das kann gelingen. Wenn die Ordensleitung die Gebäude nicht an einen Immo­bilienspekulanten verhökert.