Paul Spahn (†): Das letzte Geheimnis nahm er mit ins Grab!

 In diesen Tagen wäre der legendäre «Tagesschau»-Sprecher 100 Jahre alt geworden. Und rund um seinen Tod ranken sich noch immer Gerüchte. Weggefährte 
Heiner Hug 
erinnert sich an die Schweizer TV-Ikone.
 
An Weihnachten war auf der Redaktion der «Tagesschau» der Teufel los. Hundert Pakete trafen ein, Wollsocken, Krawatten, Kuchen, Liebesbriefe. Das war in den 70er-Jahren. Der Empfänger war ein Mann von 60 Jahren. Kaum einer wurde vom Publikum so angehimmelt wie er. Er war eine Ikone, fast ein Heiliger. Er war auch eine Diva.
 
Paul Spahn hat die «Tagesschau» von 1959 bis 1985 präsentiert – abwechslungsweise mit drei anderen Kollegen. Wenn Spahn dran war, erfuhr das Publikum gleich zu Beginn der Sendung, ob etwas Schreckliches passiert war. Bevor er den Mund aufmachte, blickte er traurig und niedergeschlagen in die Kamera. Ist heute ein Flugzeug abgestürzt? Hat die Erde in Zentralamerika gebebt? Spahn setzte dann umständlich seine Brille auf. Dann kam die Schreckensmeldung. Er vertiefte sich derart in die schlimmen Texte, dass er manchmal Tränen in den Augen hatte. 
 
Später verbot man ihm das theatralische Ritual mit der Brille. Dieses Verbot gefiel ihm gar nicht. Spahn hat nie einen einzigen Satz für die «Tagesschau» geschrieben. Er war Sprecher, Vorleser. Er las das vor, was ihm die Redaktion schrieb ­
und vorsetzte. Heute sind die «Tagesschau»-Präsentatoren Moderatorinnen und Moderatoren. Sie sind Vollblut-Journalisten und ­schreiben ihre Texte selbst. Spahn war kein Journalist. Er war Sprecher im Nebenberuf. Wie seine Sprecherkollegen hatte er eine Schauspielausbildung absolviert. Im Haupt­beruf leitete er eine Schule für Arztgehilfinnen.
  
26 Jahre lang hat er die «Tagesschau» gesprochen. Und vor jeder Sendung war er nervös und gestresst. Immer sass er wie auf Nadeln und fürchtete, es könnte etwas schiefgehen. Die Sendung begann damals um 20 Uhr. Spahn traf jeweils gegen 18.30 Uhr in der Redaktion ein. Dann wurde ihm ein ganzes Bündel Texte vorgelegt. Gewissenhaft arbeitete er sie durch, unterstrich Wörter, die er besonders betonen wollte. Da und dort setzte er ein Zeichen für eine Pause. Es war die Zeit, als sich die Nation noch um acht Uhr vor dem Fernseher versammelte, um zu erfahren, ob etwas Wichtiges geschehen ist. Wir nannten es das «Lagerfeuer der Nation». Noch gab es nur wenige Fernseh­kanäle, keine privaten Stationen, keine Gratiszeitungen – und das Internet schon gar nicht.
 
Den gesamten Text lesen Sie in der Ausgabe 27 vom 3. Juli 2014