Ihr neues Leben nach den Pirouetten

Am 4. Mai wird die ehemalige Eiskunstläuferin 40 Jahre alt. Dankbar blickt die Bülacherin auf die erste Lebenshälfte ­zurück und auf ihr aktuelles Leben. «Ich bin mehr als privilegiert.»

Von Aurelia Robles

Sie kommt zu spät, kann ihre Schlittschuhe nicht mehr binden oder startet an der WM, im Wissen, dass sie nichts mehr kann: «Ich träume  noch heute vom Eiskunstlaufen, meist sind es tatsächlich Albträume», meint Sarah van Berkel ­lachend. Dabei sind schon 13 Jahre seit ­ihrem Rücktritt als Profi vergangen. Zum Abschluss hat die achtfache Schweizermeisterin im Eiskunstlauf ihre Karriere 2011 an den Europameisterschaften in Bern mit dem Sieg gekrönt. «Ich war damals die älteste Teilnehmerin. Zu meiner Zeit gehörte man schon mit 20 zu den Älteren.» Sarah van Berkel, damals  noch Meier, hört «erst» mit 26 Jahren mit dem Profisport auf. Am 4. Mai feiert sie nun ihren 40. Geburtstag. «Ich finde es toll, dass Paarläuferin Deanna Stellato-Dudek gerade die älteste Weltmeisterin in der Geschichte des Eiskunstlaufs geworden ist – und auch 40 ist.» 

Obwohl es möglich ist, das zeige ihr auch Denise Biellmann (61), kann sich Sarah van Berkel keine Rückkehr vorstellen.  Zwar lief sie nach ihrer Karriere noch jahrelang an Shows wie «Art on Ice» mit, aber mit 34 war dann definitiv Schluss. «Ich bin so glücklich mit meinem jetzigen Leben, dass ich es mir nicht einmal überlege. Für ein Show-Comeback müsste ich Eiskunstlauf wieder zum Beruf machen, was ganz klar auf Kosten meiner Familie gehen würde.» Nur, wenn sie zwei-, dreimal im Jahr für sich aufs Eis gehe, blitze kurze Neugier auf, welche Sprünge und Figuren mit etwas Training wohl doch noch möglich ­wären. «Und mir fehlt, dass ich meine Gefühle nicht mehr auf dem Eis ausdrücken und interpretieren kann.»

Fokus auf die Familie

Nach ihrer Profikarriere wollte Sarah van Berkel erst studieren, «wohl Sport», tat es aber nicht. «Ich fand, dass ich als 30-Jährige nicht zu all den 18-Jährigen passe, die alle an einem anderen Punkt im Leben stehen als ich», erinnert sie sich. «Ein blöder Gedanke. Ich finde es schade, wenn man sich wegen des Alters selbst limitiert. Trotzdem bereue ich den Weg, den ich gegangen bin, nicht.»

Ihre Laufbahn abseits des Eises führte sie stattdessen in den Journalismus. Mehrere Jahre arbeitete sie als Sportredaktorin, ist bis heute auch als SRF-Expertin im Einsatz. Mittlerweile ist sie selbständig und hat verschiedene Standbeine. Unter anderem wirkt sie bei Art on Ice als Managerin der Schweizer Eiskunstläufer Kimmy ­Repond (17) und Lukas Britschgi (26) und unterstützt das Beach-Volleyball-Duo Anouk Vergé-Dépré (32) und Joana Mäder (32) in der Medienarbeit. «Über die Selbstvermarktung und die sozialen Medien musste ich als Sportlerin noch nicht nachdenken», sagt Sarah van Berkel. Generelle Ratschläge für Nachwuchstalente hat sie nicht, weil jede Situation individuell sei. «Ausser, dass es wirklich nie zu spät ist», sagt sie. «Und ich glaube fest daran, dass es irgendwann aufgeht, wenn man alles gibt. Das Glück vom Tüchtigen, im richtigen Moment zu gewinnen.»