Zu Gast im Himmel

Der damals vierjährige Junge hatte eine Nahtod-Erfahrung. Seine Geschichte erschien als Buch und wurde verfilmt. Mittlerweile ist er erwachsen. Wie geht es ihm?

Es geschah kurz vor der jährlichen Tornado-Saison, wenn sich viele Menschen in Nebraska im Mittleren Westen Amerikas aus Angst in ihren Kellern verkriechen. Todd Burpo (damals 36), weniger angstgeplagt als andere, war mit seiner Familie im SUV auf dem Weg zur Stadt Sioux Falls im Nachbarstaat South Dakota. «Ein kurzer Familienausflug vor den Wirbelstürmen», meint der protestantische Pastor heute über den 800-Kilometer-Trip lachend.

Als sie durch den Ort North Platte fuhren, fragte Sonja Burpo (32) ihren vierjährigen Sohn Colton, der mit seiner Schwester Cassie (6) auf dem Rücksitz sass: «Kannst du dich daran erinnern, wie du hier damals fast im Krankenhaus gestorben wärst?»

«Ja, Mommy», antwortete der aufgeweckte, blauäugige Bub: «Das war, als die Engel für mich gesungen haben.» Der Vater nahm seinen Blick sekundenlang von der Fahrbahn und schaute seine neben ihm sitzende Frau verblüfft an. «Was haben sie für dich gesungen?», fragte er Colton, harmlos klingend. «Jesus Loves Me» (Jesus liebt mich) und «Joshua Fought the Battle of Jericho», kam prompt die Antwort. «Ich bat sie, auch ‹We Will Rock You› zu singen, aber sie sangen es nicht.»

Wieder warf Todd seiner Gattin einen erstaunten Blick zu. «Ich dachte: Was ist los mit Colton?», erzählt er heute. «Hatte er in dem Spital, als er bewusstlos war, einen Traum, an den er sich jetzt erinnerte? Und wie sahen die Engel aus?» Der Vater bohrte weiter. Colton schien nachzudenken, erklärte dann: «Einer sah aus wie Urgrossvater Dennis.»

«Opa Dennis?», wollte sich Todd Burpo vergewissern. Sein Grossvater war als junger Mann gestorben, und in der Familie sprach niemand über ihn. Wie kam es, dass der kleine Junge seinen Namen kannte? Todd hätte das gern herausgefunden, verschluckte aber weitere Erkundigungen, um den Redefluss seines Sohnes nicht zu unterbrechen.

Ernsthaft fügte der Junge nun hinzu: «Dad, Jesus liess die Engel für mich singen, weil ich Angst hatte.» Der Vater hakte nach: «Du sagst, Jesus war auch da?» Colton nickte: «Ja, Jesus war da.» Und wo? «Ich sass auf seinem Schoss», so Colton. «Für eine Weile waren Sonja und ich sprachlos», berichtet Todd jetzt. «Ich sagte: ‹Lass uns zu Hause noch mal darüber
reden›.»

Das ungewöhnliche Gespräch fand vor 19 Jahren statt, am 27. Februar 2003. Für die Familie Burpo aus dem 2000-Seelen-Ort Imperial in Nebraska war die Autofahrt der Beginn einer immer noch andauernden Reise in eine Welt zwischen Leben und Tod. In den folgenden Wochen, Monaten und Jahren sammelte der Vater viele zusätzliche Berichte seines Sohnes über die Begegnungen im Himmel. In einem Millionen-Bestseller, der in viele Sprachen übersetzt wurde, auch ins Deutsche, fasste der Pastor sie zusammen. 2014 wurde «Den Himmel gibt’s echt» (abrufbar auf Netflix) auch verfilmt.

Colton Burpo, inzwischen 23 Jahre alt und wie seine Eltern aktiver Christ, hat die Verbreitung seiner Geschichte zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Als Motivationssprecher reist er durch die USA und missioniert in Vorträgen und bei TV-Auftritten. Während sich Millionen vor dem Coronatod fürchteten, fanden seine Vorträge besonders starken Zulauf. «Mein Terminkalender ist immer voll», sagt der junge Mann. «Gott hat mich in eine Richtung gelenkt, die ich nicht eingeplant hatte.» Nach dem weltweiten Erfolg des ersten Buches seines Vaters hat der Sohn zusammen mit Burpo Todd zwei weitere verfasst, darunter eine Kinder-Version.