Zwei Monate ohne Wasser und Toilette

Wegen Sanierungsarbeiten in ihrer Wohnung im elften Stock muss die 90-Jährige Unannehmlichkeiten hinnehmen − jetzt erhielt sie auch noch die Kündigung.

Ingeborg Gerhardt (90) ist verzweifelt: In ihrer Wohnung im elften Stock sind die Wohnzimmermöbel mit Plastikplanen abgedeckt, die Dusche ist herausgerissen, in der Toilette steht ein Eimer, sie trägt mehrere Schichten Kleidung. «Ich verkomme hier, kann mich nicht richtig pflegen. Die Bodenkälte zieht in meine Lenden, das ist kein Zustand», beklagte sich die Rentnerin aus Offenbach (D) gegenüber der «Bild»-Zeitung.

Seit einiger Zeit finden Sanierungsarbeiten in ihrer Wohnung statt, die Steigleitungen und Heizungsrohre sollen erneuert werden. Die Bauarbeiten werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen, insgesamt zwei Monate dauern.

In dieser Zeit bedeutet das für Ingeborg Gerhardt: Wasser gibt es nur in der Küche, duschen und auf die Toilette kann sie nur in einem der drei Sammelcontainer, die am Ende des Hofes aufgestellt wurden. Sie sagt: «Da sollen wir bei dieser Witterung morgens oder in der Nacht im Nachthemd in den kalten Flur, elf Stockwerke mit dem Lift herunterfahren, raus in die Kälte und zu den Containern, wenn man das Bedürfnis hat. Das auch noch in Pandemie-Zeiten.» Die 90-Jährige fährt fort: «Ich verstehe, dass Sanierungs­arbeiten nötig sind. Aber sie ausgerechnet in die kalte Jahreszeit zu legen, ist unzumutbar.»

Ihr Ersatzwohnraum für die Zeit zu stellen, sei dem Eigentümer nicht möglich. Ihre beiden Töchter können ihr nicht helfen. Zudem flatterte Ingeborg Gerhardt eine fristlose Kündigung des Vermieters in den Briefkasten. Der Eigentümer der Wohnung sagt: «Ich verstehe Frau Gerhardts Lage, aber sie kann sich die Dreizimmerwohnung nicht leisten. Sie hat Schulden, schickt die Handwerker weg. Wir sind immer sozial mit ihr umgegangen, aber sie schiebt immer wieder Gründe vor, um Mietminderungen zu erhalten.»

Laut Gerhardts Anwalt soll die Rentnerin Mietminderungen vorgenommen haben. Ob die frist­lose Kündigung so wirksam ist, ist nun vom Gericht zu entscheiden. Ingeborg Gerhardt sagt: «Um ganz ehrlich zu sein: Ich weiss nicht, wie ich das durchstehen soll.»