«Wir müssen unser Haus abreissen»

Das junge Paar hatte sein Heim aufwendig renoviert. Dieses sollen die beiden nun selbst wieder zerstören. Wie kam es zu dieser Tragödie?

Schon als kleines Kind spielte Kilian Birkhofer (30) in dem alten Fachwerkhaus am Stadtrand von Heiligenhaus (D). Vor zwei Jahren übergab ihm sein Vater feierlich die Schlüssel. Der Plan: Kilian sollte hier mit seiner Frau Julia (27) eine Familie gründen.
Glücklich lebten die beiden in ihrem Haus. Bis das Schreiben von der Baubehörde kam. «Ich bin aus allen Wolken gefallen», erinnerte er sich in der «Bild am Sonntag». «Dort stand, dass eine Baugenehmigung für das Gebäude fehlt. Jetzt zwingt uns die Stadt, unser eigenes Haus abzureissen.»Auch die Kosten für den Abriss soll das junge Paar bezahlen. «Ersten Schätzungen zufolge sind das mindestens 70 000 Euro. Das wäre unser finanzieller Ruin», so der Zahntechniker. Die beiden sind nun bei den Eltern von Julia untergekommen, schlafen in ihrem Jugendzimmer. Denn: «Wir dürfen bis zum Abriss nicht mehr im Haus wohnen, müssen sonst eine Geldstrafe zahlen. Wir sind völlig verzweifelt.»

Wie konnte es dazu kommen? Das Haus wurde vor rund 100 Jahren gebaut. Im Jahr 1975 wurde das Grundstück in die Stadt Heiligenhaus eingegliedert und 1976 vom Vater von Kilian Birkhofer gekauft. Der hätte es eigentlich abreissen müssen. Grund: Laut Paragraf 35 des Baugesetzbuches steht das Haus zu weit ausserhalb der Stadt. Doch die Behörde er­teilte eine Duldung des Hauses. Die damalige Bauaufsichtsleiterin stufte den Abriss als «unverhältnis­mässig» ein. 2019 erfolgte dann die Kehrtwende. «Nachdem mir mein Vater das Haus überschrieben hatte, kam der Brief vom Bauamt. Es hiess, dass die Duldung durch die Eigentumsübertragung erloschen sei», so Birkhofer.

Einziger Ausweg laut Anwalt Christoph Pipping: «Nach einer Sonderregel dürften die beiden nur dann darin wohnen, wenn sie hauptberuflich eine Landwirtschaft betreiben würden.» Doch die Birkhofers sind keine Landwirte. Das Paar reichte Klage ein, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht noch aus. Nach einem Urteil blieben den beiden noch sechs Monate Zeit, um das Haus abzureissen.

Auf Nachfrage schrieb ein Sprecher der Stadt Heiligenhaus, dass es «nicht leichtfällt, dieses ordnungsbehördliche Verfahren durchzuführen. Die persönliche Situation der Familie Birkhofer ist uns sehr wohl bewusst.» Aber: «Letztlich muss unsere Bauaufsichtsbehörde nach geltendem Recht handeln.» Nicht gerade tröstlich für die junge Familie.