Wie eine kleine Elster eine ganze Familie rettete

Die Mutter von drei Kindern drohte nach einem Unfall an ihrem Schicksal zu zerbrechen. Doch nach dem Fund eines verletzten Kükens sah die Welt ganz anders aus.

Die Traumferien wurden zum Horrortrip! Sam Bloom (45) und ihr gleichaltriger Mann Cam freuten sich mit ihren drei kleinen Buben auf entspannende Tage. Die Familie aus Australien hatte eine Reise nach Thailand gebucht. Doch nach wenigen Tagen geschah das Unglück: Sam lehnte sich auf einer Aussichtsterrasse an ein morsches Geländer und fiel zwei Stockwerke tief. Seither ist sie querschnittgelähmt, sitzt seit vier Jahren im Rollstuhl.

Plötzlich waren Dinge wie Kochen, Einkaufen und Autofahren für die dreifache Mutter nicht mehr möglich. Auch ihr grösstes Hobby Surfen konnte sie nicht mehr ausüben. Sieben Monate verbrachte sie im Spital und in der Reha. «Manchmal fühlten sich meine Beine an, als ständen sie in Flammen», erzählt sie. «Meine Normalität war, frustriert zu sein und Schmerzen zu haben.» Die Blooms drohten an Mutters Schicksalsschlag zu zerbrechen, weil sie keinen Sinn mehr im Leben sah.

In diesem Augenblick fiel Hilfe vom Himmel: Sohn Noah fand im Garten ein Elsterküken, das nach einem Sturz aus dem Netz verletzt war. Die Familie nahm das Vögelchen, das sie wegen des schwarzen Federkleids Penguin (dt. Pinguin) taufte, bei sich auf und wollte es grossziehen. Das Elster-Weibchen brauchte viel Zuwendung und wurde nach kurzer Zeit sehr zutraulich. Es schlief im Zimmer der Buben und machte fast alles mit, was diese ihm zeigten, duschte und ass mit ihnen.

Mama Sam baute eine ganz besondere Beziehung zum Tier auf. Es schien, je besser es dem Vogel ging, umso mehr kehrte auch ihr eigener Lebenswille zurück. «Die Elster gab mir einen Grund, mich nicht hängenzulassen, sondern mich zu kümmern», sagt sie. Die beiden wurden unzertrennlich, immer schaute einer nach dem anderen. Der Ehemann: «War Penguin schwach und kränklich, pflegte Sam sie liebevoll. Und wenn es Sam schwerfiel, in Schwung zu kommen, zwitscherte Penguin ihr neue Kraft zu.» Seine Ehefrau ergänzt: «Sie tut mir gut, es ist schön, einfach mit ihr zusammen zu sein.» Sie richtete auf  Instagram sogar eine eigene Seite für den Vogel ein, der nun bereits 200’000 Follower hat.

Sam fing an, ihre Kräfte zu mobilisieren, und entdeckte das Kanufahren, das sie trotz ihrer Lähmung betreiben kann. Es war die Chance, sich endlich ein Stück Freiheit zurückzuholen. Hier kann sie zeigen, wozu sie fähig ist, und nicht, was sie verloren hat. Sie nahm sogar an den Paralympics teil und belegte Rang sieben.

Die Blooms versuchten mehrfach, die Elster im Garten auszuwildern. Immer wieder kam sie zurück. Doch mit der Zeit wurde sie selbstständiger. Manchmal blieb sie tagelang weg. Im Juli 2015 flog sie in den Sonnenuntergang. Es war das letzte Mal, dass die Familie ihren gefiederten Freund sah. Mittlerweile ist Hollywood auf die rührende Geschichte aufmerksam geworden und will sie bald verfilmen.

Buch-Tipp

Sam Bloom hat ein Buch geschrieben: «Penguin Bloom – Der kleine Vogel, der unsere Familie rettete» (Knaus Verlag, Fr. 27.90). Darin finden sich auch zahlreiche herzige Bilder, die ihr Mann, ein Fotograf, über das Leben seiner Liebsten mit dem Tier geschossen hat.

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