Wie die kleine Yanti die Welt entdeckt

Seine Tochter wurde mit dem Down-Syndrom geboren. In seinem Buch schreibt der Vater über den anfänglichen Schock. Aber auch darüber, wie viel Freude er und seine Frau mit der Kleinen haben, dank der sie die Welt mit anderen Augen sehen.

Grenzenlose Freiheit, in den Tag hinein leben, nicht wissen, was danach kommt. Fabian Sixtus Körner (37) liebte das Reisen, stürzte sich mit Freundin Nicola (34) von einem Abenteuer ins nächste. Sie waren frei und ungebunden. Doch als ihre Tochter Yanti (heute 3) das Licht der Welt erblickte, schien das alles vorbei zu sein. Auch, weil das Mädchen anders ist. Doch die Familie kämpfte – und ist heute glücklicher als je zuvor.

Denn als Yanti in Fabians Heimat Berlin geboren wurde, merkte der frischgebackene Papa sofort, dass etwas nicht stimmte. Yantis Augen waren leicht schräg gestellt, und ihr Blick war starr. Nach Untersuchungen dann die Gewissheit: Seine Tochter hat Trisomie 21 – das Down-Syndrom. Ein Schock! «Die Nacht nach Yantis Geburt war wohl die schlimmste meines Lebens», gesteht Fabian heute. Tausend Gedanken kreisten ihm durch den Kopf. Was, wenn seine Tochter sich nichts mehr wünscht, als normal zu sein? Bedeutet ihr Schicksal das Ende seiner geliebten Freiheit?

Doch Yantis Eltern geben sich gegenseitig Kraft: «Ich merkte, wie sehr ich Nicola brauchte.» Nicola spürte das instinktiv, sagte zu ihm: «Solange ich weiss, dass es für dich kein Problem ist, ist es das auch nicht für mich.» Auch ihre Familie war ein grosser Rückhalt. «Wir sind eine Elefantenfamilie. Wir stellen uns im Kreis um Yanti. Wir werden sie beschützen, komme, was wolle. Das verspreche ich», beruhigte ihn seine Mutter. Worte, die in der schweren Zeit Halt gaben.

Erst Wochen später durften sie die Kleine mit nach Hause nehmen – und fingen an, Reisepläne zu schmieden: Kein Extra-Chromosom konnte die Familie daran hindern, ihre Träume zu verwirklichen. Schon drei Monate später sassen sie mit Yanti im Flugzeug. Ihr Ziel war die Dominikanische Republik – natürlich nach Absprache mit den Ärzten. Auch Fabians Papa war begeistert. «Dann wird sie wohl das erste Surfer-Girl mit Down-Syndrom – super!»

Dem Winter in Berlin entfliehen und die Sonne in Übersee geniessen: Es war genau das, was die Familie brauchte. «Die herzlichen Bewohner dort haben mich zu einem stolzen Vater gemacht», erzählt Fabian. Etwas später entdeckten sie Südwesteuropa. Die beiden wussten: Nicht nur sie eröffneten ihrer Tochter eine neue Welt, sondern auch Yanti veränderte ihre Sicht auf das Leben. «Manchmal habe ich das Gefühl, dass den anderen gar nicht bewusst ist, was für ein Glück uns mit Yanti widerfahren ist», sagt Nicola. Und wer weiss, wohin es Yanti und ihre Eltern als Nächstes verschlägt. Doch eines ist sicher: Die kleine Familie kann alles schaffen – gemeinsam.

Buchtipp

Fabian Sixtus Körner: «Mit anderen Augen», Ullstein extra, Fr. 22.90