Warum dieses Geschwisterpaar bald sterben wird

Der Bub und das Mädchen sind ein Herz und eine Seele. Leighton und Dollie lächeln ­unbeschwert und sind fröhlich – doch der Tod wird sie nächstens für immer trennen.

Hört denn das Elend nie auf? Warum hat es gerade uns so hart getroffen?» Luke Gorringe (31) und seine Lebensgefährtin Chrissie Daines (31) stellen sich diese Fragen wieder und wieder – und werden wohl doch nie eine Antwort bekommen.

Das Ehepaar aus dem britischen Wilsden hat zwei süsse Kinder: die sieben Monate alte Dollie und ihren vierjährigen Bruder Leighton. Innerhalb kurzer Zeit wurde bei beiden eine schreckliche Diagnose gestellt. Am 1. Februar fanden die Ärzte heraus, dass Dollie am sogenannten, sehr seltenen und unheilbaren Aicardi-Goutieres-Syndrom (AGS) leidet. Der Gendefekt verusacht den langsamen Abbau des Gehirns, Betroffene erreichen das Erwachsenenalter meist nicht.

Da die Krankheit erblich ist, wurde auch Leighton vorsorglich untersucht. Am 29. Februar wurde auch bei ihm der Gendefekt festgestellt, wenn auch in einer etwas milderen Form. Dollies Lebensspanne umfasst wahrscheinlich rund sieben Jahre, die von Leighton unter Umständen ein bisschen mehr. Der Vater sagt niedergeschlagen: «Seit wir die Diagnosen kennen, gehen wir wie durch einen dunklen Tunnel. Wie sollen wir als Eltern damit leben, dass wir beide unsere Kinder verlieren werden? Niemand kann einen auf einen solchen Schock vorbereiten.»

Die Frage, die sich das Ehepaar nun immer stellt, ist, wie viel Zeit genau ihm noch mit den Kindern bleibt. Als Dollie zur Welt kam, habe nichts auf eine Auffälligkeit hingewiesen, ausser, dass sie nie geschrien und nie geweint habe. «Sie war ein Sonnenschein, bis sie plötzlich aufhörte zu essen», erzählt die Mutter. Tests ergaben das AGS, das im Frühstadium zu Lernschwierigkeiten und epileptischen Anfällen führen kann.

Für Paare mit einem solchen Kind beträgt die Wahrscheinlichkeit 25 Prozent, dass ein nachfolgendes Kind den Gendefekt ebenfalls bekommt.

Dollie wird mittlerweile mit einer Sonde ernährt und bekommt mehrere Medikamente verabreicht. Ihre Mutter, die früher als Krankenpflegerin arbeitete, kümmert sich nun fast rund um die Uhr um ihr Baby. «Wir versuchen uns auf das Positive statt auf das Negative zu konzentrieren», sagt sie.

Sie habe schon viel zum Thema gelesen und versuche, so viele schöne Erinnerungen wie nur möglich mit ihren Kindern zu schaffen. «Dennoch bin ich oft traurig. Wenn man die beiden ansieht, glaubt man, man habe zwei glückliche, gesunde Kinder vor sich. Sie lächeln einen stets fröhlich an.»

Die Eltern sind vorbereitet auf das, was nun alles auf sie zukommen wird. Mit den Kindern werden sie häufig Zeit im Spital und bei Physiotherapeuten verbringen. Dollie hat schon jetzt täglich epileptische Anfälle. Leighton fragt zwar manchmal, warum seine Schwester so oft ins Spital müsse. «Oft weiss ich nicht, was ich ihm antworten soll. Schliesslich wird sich auch sein Zustand bald verschlechtern und er wird häufig im Krankenhaus sein», sagt die Mutter nachdenklich.



Seltenes Krankheitsbild

Kinder mit Aicardi-Goutieres-Syndrom fallen in den ersten Lebenswochen durch unspezifische klinische Zeichen wie Schwierigkeiten beim Füttern, gelegentliche leichte Fieberschübe, Erbrechen, Zappeligkeit und ruckartige Augenbewegungen auf. Das Syndrom wurde erstmals 1984 von Jean Aicardi und Françoise Goutières beschrieben. Bisher sind weltweit nur etwa 50 bis 100 Fälle dokumentiert.