«Unser Sohn hat Krebs – doch die Ärzte hatten es übersehen»

Der kleine Paul galt schon als geheilt, dann riss eine neue Diagnose den Eltern den Boden unter den Füssen weg.

Es gibt Tage, da saust der kleine Bub ganz fröhlich durch die Wohnung, jagt seinem Plastik-Traktor hinterher, schneidet Grimassen und quietscht vor Freude. Das sind die Momente, die Susann (31) und Jens Rosenberg aus Lützkewitz (D) Hoffnung machen. Die sie für einen Moment Erleichterung spüren lassen. So wie zu Beginn der schweren Krankheit ihres Sohnes Paul (2). Als es hiess, er habe alles überstanden.

Da war dem Ehepaar ein grosser Stein vom Herzen gefallen. Denn Paul ging es zuvor sehr schlecht. «Er hatte seltsam geatmet und in einer ungewöhnlichen Körperhaltung geschlafen», erinnert sich Mutter Susann. «Beim Kinderarzt entdeckte ich eine mandarinengrosse Geschwulst an seiner rechten Bauchseite. Sie muss über Nacht gewachsen sein.» Nach einem Ultraschall mit der Diagnose Nierentumor bekam Paul Chemotherapien und wurde operiert. «Wir verbrachten Weihnachten 2016 mit ihm im Spital. Kurz vor Silvester durften  wir wieder nach Hause.» Und die Rosenbergs bekamen erfreuliche Nachrichten: «Man sagte uns, der Tumor habe zu 95 Prozent aus totem Gewebe bestanden, nur fünf Prozent der Zellen waren aktiv. Es bestünde kein Risiko mehr.» 2017 konnte also kommen.

Doch zwei Tage nach Neujahr kam ein Anruf, der den Eltern den Boden unter den Füssen wegriss: «Ein Befund machte all unsere Hoffnungen zunichte. In einer Spezialklinik wurden sämtliche entfernten Nierentumore nochmals untersucht. Das Ergebnis war ein ganz anderes: Paul leide an einem seltenen und aggressiven Krebs. Wir sollten uns unverzüglich auf eine stationäre Behandlung einstellen.» Die Heilungschance, so erfuhren die Eltern, liege gerade mal bei 30 Prozent. Und auch, dass es in den vergangenen zehn Jahren nur drei Fälle dieser Art gab. Diese Krebsform sei daher wenig erforscht. Die Tumore können überall auftreten: im Hirn, an der Niere oder Leber.

Kann man nach so einer Diagnose überhaupt noch schlafen? Susann und Jens gehen derzeit nicht mehr arbeiten und kümmern sich rund um die Uhr um ihren Sohn. Das Geld wird knapp. Doch zwischen den finanziellen Sorgen, den Arztterminen und der Chemotherapie bleibt kaum Platz für Tränen. «Ich fühle mich ausgelaugt, kann nicht mal mehr richtig weinen», sagt die verzweifelte Mutter. Immer kreisen ihre Gedanken um Paul. «Im März hatte er Geburtstag. Und man ertappt sich dabei, dass man sich fragt: War es vielleicht sein letzter?» Freunde unterstützen die Familie, eine Schule organisierte Sammelaktionen, eine Bäckerei taufte ein Brot nach dem kleinen Paul – doch die Achterbahn der Gefühle, die die Eltern des Zweijährigen täglich durchleben, die kann nichts und niemand stoppen. «Und niemand weiss, wohin die Reise geht.»