Und plötzlich ist der Krebs wieder zurück

Yvonne hatte sich ­entschlossen, ihr Baby trotz Krebs zu bekommen. Alles ging gut − doch Jahre später folgte die nieder­schmetternde Diagnose.

Wenn Yvonne Remmert mit ihrer Tochter Zoe-May (4) spielt, strahlt sie glücklich, lacht viel, küsst und herzt die Kleine immer wieder. Gedanken an ihre schlimme Krankheit schiebt sie weg. «Ich will leben, für mein Kind. Nur daran denke ich», sagt sie mit fester Stimme. «Heulerei und Zweifel lasse ich nicht zu.»

Rückblick: März 2015, die Serviertochter Yvonne (42) lebt seit fünf Jahren glücklich mit Martin (32), einem Tischler, zusammen. Sie träumen von schönen Reisen, einem eigenen Haus. Doch dann ertastet sie beim Baden einen Knoten in der rechten Brust. Schockdiagnose: Brustkrebs, ein äusserst aggressiver. Sie wird sofort operiert, braucht dringend eine hochdosierte Chemotherapie. In dieser Zeit entdecken Ärzte, dass sie schwanger ist, in der elften Woche – völlig unerwartet, trotz Verhütung. Das heisst, das Baby hat die erste Chemo bereits mitgemacht.

Für die Mediziner steht fest: Sie muss das Kind abtreiben – sofort! Denn mit der starken Chemo kann es nicht überleben. Doch Yvonne will ihr Kind behalten, dafür künftig lieber schwächere, weniger wirksame Chemobehandlungen akzeptieren. Die Ärzte sind entsetzt. «Sie riskieren Ihr Leben», warnen sie eindringlich. Aber Yvonne nimmt es hin.

Als im Herbst 2015 die kleine Zoe-May auf die Welt kommt, sprechen die Ärzte von einem Wunder: Das Baby ist kerngesund. Doch Yvonne bleibt kaum Zeit, das Glück zu geniessen. Sie muss schnellstens aufholen, was sie an Therapien verpasst hat. Ihr Leben ist in Gefahr.

Und während Zoe-May unbeschwert heranwächst, pendelt Yvonne zwischen Klinik und Zuhause, steckt in einem monate­langen, quälenden Behandlungsmarathon. Doch Zoe-Mays und Martins grenzenlose Liebe geben ihr immer wieder Kraft. Einer der schönsten Momente ist die Hochzeit am Ostseestrand. Doch ihr Leid reisst nicht ab. «Ich hatte nie eine grössere Pause, irgendeine Behandlung stand immer an», erzählt Yvonne. 2018 dann die Katastro­phe: Der Brustkrebs ist zurück, an derselben Stelle, genauso aggressiv. Die Behandlung schlägt jetzt nicht mehr an. Anfang 2019 muss die Brust abgenommen werden. Ein aufwendiger Aufbau misslingt. Erst im vergangenen Herbst ist das Happyend endlich zum Greifen nah – der Krebs scheint besiegt. «Ich hatte perfekte Blutwerte und war so froh», erinnert sich Yvonne. «Wir sind in eine neue Wohnung gezogen, und ich habe mich nach Jobs umgesehen. Ich wollte endlich wieder Normalität und war mir sicher, das Schicksal bezwungen zu haben.»

Doch dann hat sie starkes Kopfweh, stolpert häufig, kann das Handy-Display nicht mehr lesen. Und das Grauen holt sie im Blitztempo ein. Kurz vor Weihnachten entdecken die Ärzte ­zahllose Hirnmetastasen. Eine Operation ist unmöglich. Mittlerweile weiss Yvonne, dass ihre Krankheit nicht heilbar ist. Doch die Prognosen der Ärzte interessieren sie nicht. «Hätte ich damals daran geglaubt, gäbe es Zoe-May nicht. Wunder wiederholen sich.» Und bereut sie, dass sie damals für ihr Baby die eigene Behandlung unterbrochen hat? Yvonne schüttelt den Kopf. «Keine Sekunde. Meine Kleine lebt, nur das zählt.»