«Scheidung rettete unsere Ehe»

Sie waren ein glückliches Ehepaar – als ihr Gatte sich ­jedoch gehen liess, trennte sich Jamie. Erst nach seiner erstaunlichen Wandlung fanden sie wieder zueinander.

Es war ein schwerer Gang für sie. Die Engländerin Jamie Freeman (36) schleppte ihren Koffer zur Haustür, dann drehte sie sich um zu ihrem gleichaltrigen Ehemann Mark und verabschiedete sich mit den Worten: «Ich liebe dich nicht mehr!»

Rückblick: Das Paar hatte sich im August 2004 kennengelernt. «Ich trat meine Stelle als Leiterin in einem Geschäft an, das Handys verkaufte.» Der gut aussehende Mitarbeiter Mark mit seinen tiefblauen Augen fiel ihr sofort auf. Auch er war fasziniert von ihr. Schnell wurden die beiden ein Paar und zogen zusammen. 2009 wagten sie den Gang vor den Traualtar.

Doch kurz nach der Hochzeit begann sich die Beziehung zu verändern. Jamie: «Ich wurde mehrfach im Job befördert, Mark blieb Verkäufer im Shop.» Wenn sie von ihren Arbeitstagen erzählte, blieb er stumm oder wechselte das Thema. Er begann mehr und mehr zu trinken. Jamie: «Immer häufiger meldete ich mich freiwillig zu Fortbildungen, damit ich nicht daheim bleiben musste.»

Zu ihrem 30. Geburtstag reisten sie in die USA. Es war ein Desaster, Mark lächelte nie und zeigte keinerlei Freude. «Fünf Monate nach der Hochzeit war meine Ehe am Ende», sagt Jamie. Beide wussten es. Jamie hätte sich gerne einmal mit Mark darüber unterhalten oder gestritten. Doch beide scheuten die Konfrontation – jahrelang. Im Januar 2012 waren sie nicht einmal mehr Freunde. Jamie: «Ich schaute in einem Zimmer fern, er vetrieb sich die Zeit in einem anderen Zimmer mit Videospielen.»

Kurze Zeit später kam Jamie nach der Arbeit heim, packte ihren Koffer und stellte ihren Mann vor vollendete Tatsachen. Sie sagte ihm, dass sie die Scheidung wolle. In seinen Augen standen Tränen, er flehte sie an, ihn nicht zu verlassen. Sie blieb standhaft und ging.

Zu Beginn terrorisierte Mark seine Noch-Ehefrau mit SMS, versprach sich zu ändern, ins Fitnessstudio zu gehen und mit dem Trinken aufzuhören. Doch Jamie glaubte ihm nicht. Im April 2012 willigte Mark dann in die Scheidung ein. Er rief nicht mehr an. Es mussten nur noch die Scheidungspapiere unterzeichnet werden. Der Termin war auf den September 2012 angesetzt. An diesem Tag schrieb ihr Mark, ob sie sich vor dem Gerichtstermin noch zu einem Kaffee treffen könnten. «Ich hatte ihn monatelang nicht mehr gesehen, wusste nicht, was es noch zu besprechen gab.» Schliesslich sagte sie zu.

Als Jamie ihn im Café sah, war sie sehr erstaunt ob seiner Wandlung. «Er sah entspannt und gesund aus. Er hatte sein einstiges Versprechen also eingehalten.» Er kam gleich zur Sache, sagte: «Ich möchte die Scheidung zurückziehen.» Jamie erschrak. «Seine Augen leuchteten wie damals, als wir uns kennengelernt hatten.» Sie sprachen sich aus. Mark entschuldigte sich, sagte, er habe Probleme mit ihrem beruflichen Aufstieg gehabt und sich minderwertig gefühlt. Sie antwortete, dass sie Konfrontationen aus dem Weg gegangen sei, statt die Probleme auszudiskutieren.

Was nun? Die Scheidung war fast durchgezogen. Doch Jamies Gefühle für Mark keimten plötzlich wieder auf. Als sie vor dem Richter sassen, baten beide um eine Verschiebung des endgültigen Termins, der dann auf den 31. Oktober 2012 angesetzt wurde. In diesen Wochen näherten sich die beiden wieder an, unternahmen lange Spaziergänge und suchten die Orte auf, mit denen sie schöne Erinnerungen verbanden. «Wir waren unbeschwert und verliebten uns neu», sagt Jamie. Beim nächsten Gerichtstermin hob der Beamte das Scheidungsbegehren auf und gab dem Paar die Papiere zurück.

Jamie und Mark zogen in ein neues Haus. Im August 2013 kam Sohn Ben zur Welt. Bei ihm wurde das Down-Syndrom festgestellt. Jamie: «Die Behinderung des Babys schweisste uns noch mehr zusammen.» Vor ein paar Wochen brachte sie Tochter Ellie zur Welt. «Wir sind glücklicher denn je», sagt Jamie. Die Scheidungspapiere haben die beiden rahmen lassen und sie über das Bett gehängt. «Sie erinnern uns an den vielleicht grössten Fehler, den wir gemacht haben. Aber zum Glück respektieren und lieben wir uns wieder – auch dank der vorübergehenden Trennung.»   

Baby Ben kam mit dem Down-Syndrom zur Welt. Die Eltern sagen, seine Behinderung habe sie noch mehr zusammengeschweisst. Rechts: Die Mama glücklich mit ihren beiden Kindern Ben und Baby Ellie.

Baby Ben kam mit dem Down-Syndrom zur Welt. Die Eltern sagen, seine Behinderung habe sie noch mehr zusammengeschweisst. Rechts: Die Mama glücklich mit ihren beiden Kindern Ben und Baby Ellie.