«Mit versteckten Kameras überführte ich den Stalker»

Ihr Ex-Freund verkleidete sich und verfolgte Marion Tag und Nacht. Die Todesangst vor ihm zerstörte fast ihr Leben.

Er hockt in ihrer Hecke, presst sein Gesicht an das Terrassenfenster, um sie im Wohnzimmer zu beobachten. Acht Monate lang machte Gerd B. (65) das Leben seiner Ex-Freundin Marion (59) zur Hölle. «Er kam jeden Abend auf mein Grundstück und schlich um mein Haus herum. Das war furchtbar», erzählt die Deutsche aus Gronau. Offen sagt sie: «An so einer Erfahrung kann man zerbrechen. Ich war halb verrückt vor Angst.»

Rückblick: Sie ist Hundetrainerin, einer ihrer Kunden war ein Unternehmer aus der Nachbarschaft, der seinen kleinen Labrador trainierte. Die beiden verlieben sich. «Anfangs war alles wunderbar», sagt Marion. «Aber dann begann er, mich immer intensiver zu kontrollieren.» Marion ist eine selbständige Frau, ihr wurde das zu viel. Nach knapp zwei Jahren trennte sie sich von Gerd. «Er nahm das äusserlich gelassen auf. Ich dachte damals wirklich, dass wir Freunde bleiben können.»

Doch dann fühlte sich Marion plötzlich von einem merkwürdig aussehenden Typen verfolgt. Hinter dem aufgeklebten Bart, Käppi und Sonnenbrille erkannte sie ihren Ex-Freund. Als sie ihn mit seinem Namen ansprach, lief er davon. «Damals fand ich den Auftritt nur albern. Angst hatte ich nicht.» Die wuchs aber schnell, als sie Gerd noch mehrmals in wechselnden Verkleidungen begegnete. Mal stand er im Supermarkt neben ihr an der Kasse, mal sass er im Café am Nachbartisch. Wenn sie ihn ansprach, lief er weg, bis er Stunden später wieder an anderer Stelle auftauchte.

Eines Nachts hörte sie Geräusche im Garten. Jemand sprang über den hohen Zaun, lief Richtung Terrasse. «Ich habe Gerd an der Art der Bewegung erkannt und gedacht: Jetzt bringt er mich um. Ich habe die Polizei gerufen.» Doch als die Beamten eintrafen, war von dem Stalker nichts mehr zu sehen. Marion konnte nicht mehr schlafen, litt an Herzrasen, war fahrig. Sicherheit gaben ihr auch die vier grossen Hunde nicht, mit denen sie lebt. «Sie kannten Gerd ja und hätten ihn vermutlich schwanzwedelnd begrüsst», glaubt Marion.

Dann beschloss sie, endlich zu handeln. Sie besorgte sich drei Wildtierkameras, installierte sie rund um ihre Terrasse. Und Gerd tappt in die Falle! Drei Tage später hatte sie 164 Fotos von ihm im Kasten, auf einigen war das Gesicht des irren Stalkers genau zu erkennen.

Erleichtert brachte sie die Aufnahmen zur Polizei. Gerd B. erhielt eine einstweilige Verfügung. «Er darf sich jetzt mir und meinem Grundstück nicht mehr nähern, sonst muss er eine empfindliche Strafe bezahlen.» Ausserdem fuhren die Beamten Streife rund um Marions Haus, kontrollierten auch immer wieder den Täter. Das war zu viel für den Stalker, er liess sich nie wieder blicken. Für Marion ist das ein Triumph. «Ich habe mich nicht kleinkriegen lassen, sondern um meine Freiheit gekämpft und gewonnen.»

Ihr Rat an alle Frauen: «Lasst euch nichts gefallen.»

Gerd hat sie übrigens noch einmal in der Stadt getroffen, diesmal unverkleidet. «Er hat sofort vor mir Reissaus genommen.»