Hirntumor
«Meine Krankheit und Geldsorgen machen mich fertig»
Das Ehepaar Eberhart aus Würenlingen AG hat kein leichtes Leben: Er darf seinen Traumberuf nicht ausüben. Eines ihrer Kinder stirbt. Er erkrankt an einem Hirntumor. Und das Geld ist knapp.
Feierliche Barockmusik erfüllt den Raum. Werner Eberhart lauscht versunken. Dann lächelt er seiner Frau Monika zu: «Ja, das mit dem Musizieren und Singen klappt auch nicht mehr.» Der 60-Jährige und seine fünf Jahre jüngere Frau sind zusammen durch Höhen und Tiefen des Lebens gegangen.
Als Sohn eines Metzgermeisters in Lengnau AG aufgewachsen, fühlte er sich mehr zur Musik und zum Singen hingezogen als zum Zerlegen von Tieren. Doch auf Wunsch seines Vaters erlernte er in der Westschweiz das Metzgerhandwerk. Aber die Liebe zur klassischen Musik blieb. Er hatte Auftritte als Solotrompeter, studierte am Musikkonservatorium in Montreux, später an der Musikakademie Zürich und am Konservatorium Luzern. Mit der Absicht, Berufsmusiker zu werden.
Doch es kam anders. Seine Mutter erkrankte, und er kehrte in die elterliche Metzgerei zurück. Und blieb. 1983 machte er die Meisterprüfung und übernahm das Geschäft. «Das war hart: Anstatt als Musiker zu arbeiten, schleppte ich Schweinehälften.»
Im gleichen Jahr lernte er Monika kennen. Sie heirateten, ihr erstes Kind kam zur Welt – und verliess sie nach nur vier Monaten. «An Allerheiligen 1984 legte ich Mario ins Bettchen», erzählt die Mutter, «kurz darauf schaute ich nach – er atmete nicht mehr.» Plötzlicher Kindstod. Weitere fünf Kinder kamen. «Nach jeder Geburt zitterten wir: Hoffentlich bleibt das Kind am Leben.»
Etwas anderes belastete Werner Eberhart seit seinem 20. Lebensjahr: Kopfschmerzen und Migräne. Und es wurde immer schlimmer. Schliesslich liess er sich im Kantonsspital Aarau untersuchen. An Weihnachten 1998 kam die niederschmetternde Diagnose: Hirntumor. In einer Notoperation wurde ein Teil der Schädeldecke entfernt und ein faustgrosses Geschwulst entnommen. Nach wenigen Tagen begann die Wunde zu eitern und erforderte einen zweiten Eingriff. «Seither habe ich keinen Geruchs- und Geschmackssinn mehr, dazu kommen kognitive Störungen.» Seit Jahren muss er starke Medikamente nehmen. «Auch das Trompetenspiel musste ich aufgeben, es fehlt mir die Kraft zum Blasen.» Zum Ausgleich stellt er sich gerne an seine Staffelei um zu malen.
Dazu kommen finanzielle Probleme. «Wir haben immer viel gearbeitet», erklärt Monika Eberhart, «aber nach Werners Erkrankung musste ich meine Stelle aufgeben und zu ihm und den Kindern schauen.»
Die Krankheitskosten sind zwar zum Teil gedeckt, und seit 1998 bezieht Werner Eberhart eine IV-Rente. «Als eidgenössisch diplomierter Metzgermeister hätte ich eine gute IV-Rente bekommen sollen. Doch man stufte mich deutlich tiefer ein und nahm als Berechnungsgrundlage den Lohn eines Coop-Metzgers.» Seine Proteste nützten nichts. So entgingen der Familie von 1998 bis heute rund 300 000 Franken. «Das hat uns in finanzielle Nöte gebracht. Meine Krankheit und die Geldsorgen machen mich physisch und psychisch fertig.»
Und die Zukunft ist düster: «Wenn ich in Rente gehe, wird die IV in eine AHV-Rente umgewandelt. Dazu kommen 1300 Franken Pension. Aber bis zur Pensionierung meiner Frau wird unser finanzieller Spielraum noch enger.» Das bedeutet, die Eberharts müssen womöglich ihre geräumige Wohnung in Würenlingen verlassen und in eine kleinere umziehen.
Das weckt Existenzängste. «Ich hoffe, dass sich mein gesundheitlicher Zustand nicht verschlimmert», meint Werner Eberhart und fährt fort: «Ich kann rechnen wie ich will, aber das Geld reicht nicht. Es sei denn, jemand hilft uns.»
Dann hellt sich seine Miene etwas auf: «Ich habe eine wunderbare Familie. Das gibt mir Kraft und Zuversicht.» Seine Frau nickt zustimmend. Man spürt: Die zwei werden dank ihrer Liebe die Zukunft irgendwie meistern.