«Meine Krankheit gab Ärzten 13 Jahre lang Rätsel auf»

Obwohl sie ständig krank war, gab es keine Diagnose für ihr Leiden. Dann fand Michaela selbst heraus, wieso sogar harmlose Erkältungen ihr so zusetzten.

Fieber über 40 Grad bei leichten Infekten, ständig wiederkehrende Magenkrämpfe, unerklärliche Schmerzen im ganzen Körper und viele Lungenentzündungen, von denen sie eine fast nicht überlebt hätte: Das ist nur ein sehr kleiner Auszug aus Michaela Willhardts unfassbarer Krankengeschichte.

13 Jahre lang war die heute 46-Jährige nahezu durchgängig mehr oder weniger schwer krank. Es begann, als die Deutsche 28 Jahre alt war. Plötzlich warf jeder Infekt sie um, sie brauchte Wochen, um zu genesen. Und danach erwischte es sie direkt wieder. «Ich war eigentlich ständig krank», erinnert sie sich. Doch alle Verdachts-Diagnosen (u.a. Leukämie und Rheuma), gestellt von Dutzenden Ärzten, erwiesen sich als falsch. Einige Mediziner unterstellten ihr gar, sie übertreibe. Die eigentlich optimistische Michaela litt: «Ich war irgendwann körperlich, aber auch seelisch am Ende.» Nach wenigen Jahren war die gelernte Bankkauffrau so geschwächt, dass sie nicht mehr arbeiten konnte. Von ihrer Karriere musste sie sich verabschieden. Genauso wie von ihrem Wunsch, ein Baby zu bekommen. «Das war schlimm.»

Schliesslich, im Jahr 2014, kam Michaela Willhardt ihrer geheimnisvollen Erkrankung selbst auf die Spur. Bei einer Recherche im Internet las sie etwas über Immundefekte und fand sich in der Beschreibung exakt wieder. Kurz darauf bestätigte ein Gentest den Verdacht: Sie hat das «variable Immundefektsyndrom», kurz CVID.

Durch diesen Defekt ist der Körper von Michaela Willhardt nicht in der Lage, Krankheitserreger abzuwehren und zu bekämpfen. Dass sich die Symptome erst im Erwachsenenalter bemerkbar machen, ist dabei nicht ungewöhnlich. «Die Diagnose war für mich eine grosse Erleichterung», sagt sie. Denn endlich konnte die Medizin ihr helfen – mit Antikörpern, die sie sich regelmässig selbst spritzt. «Das hat meine Lebensqualität enorm erhöht», sagt sie, auch wenn sie immer noch häufiger und schwerer krank sowie schneller erschöpft ist als andere Menschen. Es geht ihr trotzdem deutlich besser als früher.

Auch der Kinderwunsch von Michaela Willhardt und ihrem Mann, der immer an ihrer Seite steht, hat sich erfüllt: Vor sieben Jahren kam ihr Pflegesohn als Baby zur Familie. «Er ist ein toller Junge», sagt sie und ist sehr stolz auf das Kind, das fürsorglich darauf achtet, Viren und Bakterien von ihr fernzuhalten. «Er schickt Besucher erst einmal ins Bad zum Händewaschen», sagt Michaela Willhardt und lacht.

Auch sie selbst ist eine fröhliche und starke Frau geblieben. «Ich gehe unter Menschen, und wir reisen gerne», sagt sie. Ausserdem hält sie ehrenamtlich Vorträge. Ihr Ziel: «Ich will anderen Menschen, die noch nichts von ihrem Immundefekt wissen, diesen langen und schweren Leidensweg ersparen.»