«Mein kaputtes Herz brachte mir die grosse Liebe»

Mara und Kevin waren dem Tod näher als dem Leben und teilten ein Schicksal als Organ-Empfänger. Das führte sie zusammen − und war der Beginn einer wunderbaren Beziehung.

Grosse Narben tragen Mara (29) und Kevin (29) beide auf der Brust. Sie erinnern für immer daran, wie Spenderorgane ihre Leben retteten und wie sie dabei ihre Liebe fanden. Im ­April 2016, lange bevor sich das Paar kennenlernt, sieht Mara bei einem Organspende-Vortrag einen Beitrag über das Schicksal des herzkranken Kevin. Sie schreibt ihm eine Facebook-Nachricht und will wissen, ob er inzwischen bereits ein Spenderherz bekommen habe. «Doch auf eine Antwort von ihm musste ich ziemlich lange warten», sagt sie der «Bild am Sonntag» und lacht.

Rückblick: Im Oktober 1991, schon kurz nach Maras Geburt, wird bei ihr cystische Fibrose, eine schwere Lungenerkrankung, diagnostiziert. Als Kind muss sie dreimal täglich Medikamente inhalieren, ihre Pubertät wird von Atemnot und Lungenentzündungen beherrscht. «Mit 19 ging es mir so schlecht, dass nur noch eine Spenderlunge helfen konnte», erklärt die Österreicherin. Ihr Glück: In ihrer Heimat gilt die Widerspruchslösung. Jeder wird zum Organspender, wenn er sich nicht aktiv dagegen entscheidet. «Ich habe 18 Monate auf meine Lunge warten müssen, in Deutschland wären es wahrscheinlich Jahre gewesen.» Im Dezember 2013 wird Mara eine Spenderlunge transplantiert – der Start in ihr neues, leichteres Leben.

Zu diesem Zeitpunkt wartet Kevin in Deutschland schon drei Jahre auf ein neues Herz. Was hat bei ihm dazu geführt? Es passiert im Sommer 2010, als der damals 19-Jährige eine Grippe verschleppt und unbemerkt an einer Herzmuskelentzündung erkrankt. «Ich konnte plötzlich nur noch 50 Meter gehen, obwohl ich Wochen zuvor problemlos 50 Kilometer mit dem Velo zurückgelegt habe», ­erinnert er sich. Im Spital wird klar: Sein Herz ist derart geschädigt, dass eine Organspende Kevins einzige Überlebenschance ist!

Doch auf ein neues Herz muss er sechs Jahre warten. Um nicht zu sterben, erhält Kevin ein «Kunstherz», eine Pumpe, die sein Herz unterstützt. In der langen Zeit auf den Intensivstationen muss er erleben, wie neu gewonnene Freunde sterben, und mehrmals um sein eigenes Leben kämpfen. Erst im April 2016 geht es Kevin «endlich» so schlecht, dass er auf der Warteliste ganz nach vorne rutscht. «Ich lag wochenlang auf der Intensivstation, als die Ärzte mich anriefen und sagten, dass es ein Spenderorgan für mich gebe.» Maras Nachricht liegt da seit Wochen ungelesen in ­Kevins Postfach.

August 2019: Das neue Herz hat Kevins Leben gerettet. Durch Zufall stösst er auf Maras Instagram-Profil. «Ich bin an ­ihrem hübschen Foto hängen geblieben und habe sie ­angeschrieben, als mir klar wurde, dass sie auch ein Spenderorgan hat», ­erinnert sich Kevin. Ei­­ne Überraschung für Mara, über die sie noch heute schmunzeln muss: «Ich habe ihm gesagt, dass ich schon seit Jahren auf eine Antwort warte.» Sie chatten täglich, ­sprechen über Organspenden, telefonieren stundenlang und entdecken Gemeinsamkeiten, bis sie sich zu einem Treffen ver­abreden. Es funkt sofort! Jetzt schlagen ihre Herzen füreinander.