«Linus ist mein kleiner Engel auf Erden»

Ulrike Göb verlor ihren Sohn, da war er erst acht Jahre alt. Sie ­hatte zwei Fehlgeburten – und letztes Jahr, als ihr Wunschkind ­geboren wurde, erlitt ihr Mann einen tödlichen Schlaganfall.

Obwohl der Tod ihr die liebsten Menschen auf Erden grausam entriss – Sohn Lucas und Ehemann Alexander – hat diese Mutter die Hoffnung auf Glück nicht verloren. Linus (1) schenkte ihr diese Zuversicht und die Kraft, nach vorn zu schauen. Ihr Baby wurde geboren, kurz bevor sein Papa starb.

Ulrike Göb (39) aus dem deutschen Bad Orb (Hessen) weiss, es gibt keine Antwort auf das «Warum». Und auch nicht auf das «Was wäre gewesen, wenn»: Wenn sie nicht nach Fuerteventura (Kanarische Inseln) geflogen wären, wenn sie nicht gerade dieses Hotel dort gebucht hätten. Ob der Tod dann ihren achtjährigen Lucas verschont hätte? Der Junge liebte es zu schwimmen und zu tauchen. Im Oktober 2011 starb er. Er war zum Spass dicht an das quadratische Gitter im 1,45 Meter tiefen Becken getaucht. Dahinter war die viel zu stark eingestellte Absaugpumpe des Pools verborgen, die mit enormer Kraft alles ansog, was ihr zu nahe kam. Der starke Sog ergriff das hilflose Kind mit aller Gewalt.

Lucas hatte keine Chance, er kam nicht mehr los. Es brauchte mehrere Männer, um den Bewusstlosen vom Gitter wegzuziehen. Der Bub starb. Ihr Mann sagte leise zu Ulrike, Lucas sei nicht mehr bei ihnen. Der Vater hatte es gespürt: Ihr Liebstes auf Erden war tot. Absolut nichts ergab jetzt noch einen Sinn. «Es ist seltsam, dass man einfach immer weiter funktioniert», sagt Ulrike nachdenklich. Sie und ihr Mann gründeten den Verein «parents4safety», der für sichere Hotelpools kämpft, Mängel aufdeckt und Aufklärungsarbeit leistet.

Ein Jahr nach der Tragödie wurde Ulrike schwanger. Doch sie verlor das Baby. Weitere zwei Jahre vergingen. Im Jahr 2014 wurde sie wieder schwanger. Es war wie ein Albtraum, denn sie verlor auch dieses Kind. Ein weiteres Jahr danach geschah dann das Wunder: Linus kam zur Welt. Ob jetzt alles gut würde? Nein! Denn das Schicksal ging mit Familie Göb besonders grausam um. Nur drei Monate nach der Geburt des neuen Sonnenscheins starb Vater Alexander mit nur 40 Jahren an einem Schlaganfall. Ulrike: «Es tut mir so weh, dass er seinen Papa nie richtig kennenlernen wird.» So gross war der Traum vom Familienglück, der so jäh scheiterte. Und doch ist da dieses Kind der Hoffnung, das Ulrike braucht und ihr Freude schenkt.

Eineinhalb Jahre sind seither vergangen. Alexander und Lucas sind nebeneinander begraben. Trost findet Ulrike Göb in dem Gedanken, dass Vater und Sohn ganz nah beieinander sind. Dass ihr Mann auf Lucas aufpasst. «Und ich passe derweil hier auf unseren Linus auf. So sind wir immer noch ein gutes Team.»