Kerstins unendliches Leid
Das Mädchen wurde von seiner Stiefmutter schwerst misshandelt. Der Fall kam vor Gericht – und das milde Urteil sorgte für Empörung.
Wie viel Schmerz und Demütigung kann ein Mädchen ertragen? Sechs Jahre lang, vom 8. bis zum 14. Lebensjahr, hat die 41-jährige Marina Hinteregger ihre Stieftochter Kerstin bestialisch gequält und misshandelt. Sie wurde monatelang im Keller eingesperrt, musste wochenlang in einer Kiste liegen. Wenn sie weinte, musste sie mehrere Stunden lang volle Wassereimer halten.
Doch das war noch nicht alles: Das Kind aus der Nähe von München wurde systematisch gemästet wie ein Stück Vieh. Kerstin bekam nur Kuchen und Kartoffelchips. Die Zähne verfaulten. Sie durfte nur im Stehen essen. Wenn ihr übel wurde und sie sich übergeben musste, wurde sie gezwungen, dieselbe Menge noch einmal zu essen. Sie überschritt das Normalgewicht um 130 Prozent, wurde so dick, dass ihr jeder Schritt Höllenschmerzen in den Kniegelenken bereitete.
Es war das Gesundheitsamt, das sofort reagierte, als es um Kerstins Befreiung vom Schulsport ging, weil das Mädchen kaum noch gehen konnte. Sie kam ins Spital, wurde einer strengen Reduktionskost unterzogen und nahm rapide ab. Doch nach ihrer Rückkehr ging das Elend aufs Neue los.
Erst als sich Kerstin nach sechs Jahren ihrer Tante Leni (33) anvertraute und diese die Behörden einschaltete, kam das ganze Drama ans Licht – und die Stiefmutter vor Gericht. Der Grund für ihre Taten begründete der Richter so: Die zweite Ehefrau von Kerstins Papa konnte keine Kinder mehr bekommen und hasste deshalb die Tochter ihrer Vorgängerin. Durch Überfütterung sollte das Mädchen sterben und damit aus dem Blickfeld der Täterin verschwinden. Während der Verhandlung äusserte der Richter auch erhebliche Zweifel an der Aussage von Kerstins Vater, dass er nie etwas mitbekommen habe.
Empörung löste bei den Zuschauern das milde Urteil aus: Zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung und Zahlung von 3000 Euro Geldbusse. Die Begründung: Psychisch habe sich die Frau in einer Ausnahmesituation befunden. Sie habe den Frust über ihren unerfüllten Kinderwunsch nicht an ihrem Mann abreagiert, sondern an dem unschuldigen Mädchen.
Kerstin ist heute 16 und lebt bei ihrer Tante Leni.