Jammern ist für ihn gar keine Option

Trotz einer furchtbaren Krankheit freut er sich auf jeden Tag seines Lebens. Der grösste Traum ging für Patrick aber leider nicht in Erfüllung.

Patrick sitzt in seinem schwarz-roten Stuhl am Computer und lächelt. Er versucht es wenigstens. Weil er weiss: Es bringt nichts, über sein Leben zu jammern. Er hat nur ­dieses eine. Hier, in seinem Zimmer nahe Nürnberg (D), vergisst er den Schmerz. Oder besser: Er klickt ihn weg. An seinem Computer spielt sich Patrick (27) in eine andere Welt. Am liebsten fährt er mit dem Formel-1-Simulator seiner Krankheit einfach davon.Patrick P. leidet von Geburt an unter einer schweren Form der Epidermolysis (EB), einer extrem seltenen, unheilbaren Hautkrankheit. Die verletzliche Haut bildet Blasen, platzt bei der kleinsten Berührung auf. An seinem Körper gibt es fast keine Stelle, die nicht betroffen ist. Bandagiert wie eine Mumie sieht Patrick wie jemand aus, der einen schlimmen Feuerunfall überlebt hat. Aber bei ihm brennt dieses Feuer jeden Tag.Der junge Mann meistert sein schier unerträgliches Schicksal auf bewundernswerte Art. Jeden zweiten Tag müssen Patricks Verbände gewechselt werden. Eine extrem schmerz­hafte, zweistündige Prozedur. Dabei werden die Blasen aufgestochen und abgestorbene Hautreste entfernt. Dann wird Patrick gebadet, gecremt und wieder bandagiert.

Eine Pflegekraft geht Patricks Vater Georg (55) dabei zur Hand. «Routine», sagt Patrick P. zur «Bild am Sonntag». Er erträgt es tapfer. «Es ist ja nicht zu ändern. Danach fühlte ich mich immer erfrischt.» Seit anderthalb Jahren lebt er wieder bei seinem Vater. «Nach der Schule habe ich in einer WG gewohnt. Ein Pflegedienst versorgte mich, das klappte jahrelang ganz gut. Aber dann kündigte der Pflegedienst. Es gab Streit um die Kostenübernahme», sagt Patrick. «Der Krankenkasse ist der Verbandswechsel zu teuer.» Weil die Kasse auch verschiedene Zusatz-Medikamente nicht mehr bezahlen will, läuft nun eine Klage.

Lokführer, sein Traumberuf, konnte Patrick nicht werden. Der Junge, der die vierte Klasse wegen überdurchschnittlicher Intelligenz übersprang, konnte aber ­einige Jahre in einer Behindertenwerkstatt arbeiten. Heute lebt Patrick von Sozialhilfe. «Ich habe Teile für Automobilzulieferer ­gefertigt, doch das geht nun nicht mehr wegen der Augen», erzählt der Mercedes-Fan und ist dabei nur schwer zu verstehen. Die vernarb­te Haut im Gesicht erschwert jede Mundbewegung. «Alle zwei bis drei Jahre brauche ich eine Operation zur Lidkorrektur, damit meine Augen richtig schliessen und nicht austrocknen. Leider dauert die Heilung immer sehr lange.»

Eine Folge seiner Erkrankung ist die Entstehung von Hautkrebs. Trotz mehrerer Eingriffe musste ihm Ende November deshalb der rechte Fuss amputiert werden. «Der rechte Unterarm ist auch betroffen», erzählt Patrick, der sehnsüchtig auf eine Prothese wartet. Wegen Corona ist er viel allein, kommt kaum vor die Tür. Früher begleitete er seinen Vater gerne im E-Rollstuhl bei Einkäufen, am liebsten in den Elektronik-Fachmarkt. So bleibt derzeit für Patrick nur der Fernseher als Fenster zur Welt. Speziell freut er sich auf die anstehende Formel-1-Saison, vor allem auf Mick Schumacher (21), den Sohn seines Idols Michael Schumacher (52).

Was sich Patrick wünscht? «Freunde hier im Ort, die mich mal besuchen kommen. Und dass ich endlich wieder mit meinem Vater in die Ferien fahren kann – ans Meer. Das tut meiner Haut gut.» Und dann lächelt er − obwohl es wehtut