Im Spital kennen und lieben gelernt

Als kleine ­Kinder gaben sie sich nach einer schweren Operation gegenseitig Halt. Ihre Bindung riss nie ab, und heute sind sie glückliche ­Eltern einer Tochter.

Hätten sie sich auf andere Weise getroffen, wären sie wohl Kindergarten-Schätzeli geworden. Doch Emily (28) und Cameron (27) verbrachten als Vierjährige viel Zeit im Spital. Beide litten an der seltenen Harnblasenekstrophie. Das heisst, ihre Blase entwickelte sich im Mutterleib ausserhalb ihres Körpers.

Zufälligerweise wurden die beiden 1995 in der gleichen Klinik in Baltimore (USA) operiert. Während sie sich von dem Eingriff erholten, waren sie dem anderen ein Trost. «Es war schön, jemanden zu haben, der genau wusste, was ich durchmache», erinnert sich Emily. «Und natürlich war es auch wichtig, dass ich mit jemandem spielen konnte.» Die Eltern der beiden waren ebenfalls froh darum, sich austauschen zu können. Was die Erwachsenen nicht wussten: Ihre Kinder spielten nicht nur Nintendo, sie gaben sich unter einem Berg von Teddybären auch erste Küsschen.

Emily vergass den netten Jungen nie, mit dem sie damals, als es ihr gar nicht gut gegangen war, eine schöne Zeit gehabt hatte. Sie nahm Kontakt mit Cameron auf. Beide waren inzwischen Teenager, verstanden sich aber sofort wieder prächtig. «Zuerst telefonierten wir und schrieben E-Mails.» 2006 überraschte sie ihn mit einem Besuch. «Nach ein paar Minuten fühlte es sich wieder so an wie damals, als wir im Spital gewesen waren. Wir waren wie alte Freunde.» Es dauerte nicht lange, und aus Freunden wurden Liebende.

Als Cameron seiner Traumfrau die Frage aller Fragen stellte, sagte sie «Ja!». Genau 20 Jahre, nachdem sie das Schicksal zusammengeführt hatte, schlossen die beiden den Bund fürs Leben. Bald darauf freuten sie sich über ihr Töchterchen Everleigh Grace, das heute zwei Jahre alt ist. Sie leidet zum Glück nicht an der seltenen Krankheit, die ihre Eltern zusammengebracht hatte.

Doch Emily ist sich bewusst: «Ohne die Harnblasenekstrophie hätte ich meinen Mann, den Vater meiner Tochter, nie kennengelernt. Wir haben diesem Geburtsdefekt alles zu verdanken.»