Ihre Trauer war nur vorgetäuscht

Als die junge Frau um ihr verschwun­denes Kind weint, trauert die Welt mit ihr. Doch ihre Tränen sind nicht echt: Die Frau ist eine eiskalte Killerin!

Es sind Bilder, die niemanden kalt lassen. Kristi Abrahams, damals 27, tritt vor die Tür ihres Hauses im australischen Sydney. Vor ihr stehen unzählige Fotografen und Reporterinnen. Sie kämpft mit den Tränen, kann kaum sprechen. Mit zitternder Stimme bittet sie um Hilfe bei der Suche nach ihrer Tochter Kiesha (6). Das Mädchen ist seit Tagen verschwunden. Man glaubt, den Schmerz dieser Mutter förmlich spüren zu können.Am Morgen des 1. August 2010 ruft Kristi bei der Polizei an. Aufgelöst erzählt sie den Beamten, dass Kiesha nicht mehr in ihrem Kinderbett läge und dass die Haustür geöffnet war. Zuletzt hätten sie und ihr Lebensgefährte Robert das Mädchen am Vorabend um 21.30 Uhr gesehen.Von Kiesha fehlt jede Spur, jedes Indiz, was mit ihr geschehen sein könnte. Ist sie einfach aus­gerissen? Wurde sie entführt? Die Polizei ist hilflos und organisiert deshalb wenige Tage später einen Aufruf über die Presse, wie die Zeitschrift «Closer» berichtet. Schluchzend erzählt Kristi den Journalisten von ihrem «wunderschönen Mädchen». Sie hält sich dabei ein Taschentuch vor die Augen, wirkt zutiefst verzweifelt: «Wenn irgendjemand sie gesehen hat, bitte melden Sie sich bei der Polizei.» Dann verstummt sie, und Robert übernimmt das Wort: «Wir haben noch alle zusammen einen Film gesehen. Irgendwer muss doch etwas mitbekommen haben. Bitte melden Sie sich!»

Als es nach zwei Wochen immer noch kein Lebenszeichen von Kiesha gibt, werden die Beamten skeptisch. Und sie zweifeln Kristis Darstellung einer liebenden Mutter an − denn beim Jugendamt ist sie keine Unbekannte: Als Kiesha gerade mal fünf Monate alt war, hatte sie eine Bisswunde am Arm. Mit drei Jahren entdeckte ein Kinderarzt Blutergüsse am Körper des Mädchens und eine Verbrennung, verursacht durch eine Zigarette.

Man beschliesst, Kristi über­wachen zu lassen. Ein verdeckter Ermittler soll sich mit ihr anfreunden. Monate vergehen. Doch der Plan funktioniert − im April 2011 vertraut Kristi ihm an, was wirklich mit Kiesha passierte. Das Mädchen ist nicht einfach verschwunden. Kristi gesteht, sie habe das Kind geschlagen, weil es seinen Schlafanzug nicht an­ziehen wollte. So heftig, dass Kiesha danach «wie Wackelpudding» wirkte, verrät Kristi dem Undercover-Beamten. Danach habe sie das Mädchen unter die eiskalte Dusche gelegt – in der Hoffnung, dass es wieder zu sich kommt. Als das nichts brachte, legte sie Kiesha ins Bett und schloss die Tür. Am nächsten Morgen war ihre Tochter tot.

Gemeinsam mit ihrem Freund Robert beschliesst Kristi jetzt, sich nicht der Polizei zu stellen. Sie versteckt laut «Closer» den leb­losen Körper ihres Mädchens in einem Reisekoffer und lädt ihn in ihr Auto. Als es dunkel wird, fährt sie mit Robert los, tief hinein in den australischen Busch. An einer Lichtung schaufeln die beiden ein Grab, werfen den Koffer einfach hinein und tarnen die Stelle mit Hölzern und Blättern. Als sie wieder zurück zu Hause sind, rufen sie die Polizei und erzählen «ihre Version» der Ereignisse.

Was für eine schreckliche Tat! Doch für einen Mord fehlen nach wie vor die Beweise. Deshalb ermutigt der Ermittler Kristi, den siebten Geburtstag ihrer Tochter zu nutzen, um sich von ihr ein letztes Mal zu verabschieden. Die Falle schnappt zu: Kristi fährt an diesem Tag noch einmal in den Busch – zu Kieshas Grab. Hier greifen die Beamten zu. Die Kindsmörderin ist aufgeflogen! Kristi Abrahams wird zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt, ihr Freund ­Robert wegen Beihilfe zu zwölf Jahren.