«Ich war noch nie so glücklich wie gerade jetzt»

Mit Anfang 20 erhielt Samira die niederschmetternde Diagnose multiple Sklerose. Doch die Krankheit lässt die junge Frau nicht verzweifeln, sondern verleiht ihr ungeahnte Kräfte.

Erst schmerzten ihre Augen, dann wurde Samira Mousa (29) aus Berlin häufig schwindlig, sie hatte Taubheits­gefühle. Als sie im Jahr 2013 erfuhr, dass es multiple Sklerose ist, war sie froh, endlich Gewissheit zu haben – und stellte ihr ganzes Leben auf den Kopf. «Bis zur endgültigen Gewissheit dauerte es ein Jahr», während dem sie sich alleinge­lassen fühlte. «Natürlich habe ich sofort Doktor Google gefragt, dort wurde mir aber immer nur bestätigt, dass meine Symptome auf MS hinweisen. Zudem wurden dort schreckliche Schicksale beschrieben», sagte sie zur Zeitschrift «In». Samira Mousa hatte grosse Angst, dass sie innerhalb einiger Wochen ein Pflegefall werden würde.

Bisher hatte sie pro Jahr etwa einen Krankheitsschub mit leichten Symptomen, vor allem Sehnerv-Entzündungen. Schwindel belastete sie auch sehr. Seit zwei Jahren ist Samira Mousa nun aber schubfrei und in Remission – das heisst, momentan verbessern sich sogar alte Symptome. Wie ist das möglich? «Ich stellte mein Leben um, geniesse es mehr, mache mir weniger Druck und lebe gesünder, mittlerweile nach dem Coimbra-Protokoll.» Dabei handelt es sich um eine nicht anerkannte, ärztlich begleitete Therapie auf Vitamin-D-Basis. Mousa kommt damit sehr gut zurecht, muss die Kur aber aus eigener Tasche bezahlen. «Das ist äusserst belastend, aber dann spare ich lieber an teuren Restaurantbesuchen. Mein Luxus ist meine Gesundheit.»

Die junge Frau sagt, sie sei glücklicher als je zuvor. «Das mag überraschend klingen, und natürlich war das nicht von Anfang an so.» Es habe lange gebraucht, bis sie sich mit MS arrangieren konnte. «Doch nun kann ich sagen: Die Erkrankung holte irgendwie das Beste aus mir heraus. Wir alle wissen doch nicht, wie viel Zeit wir noch haben, verhalten uns aber immer so, als hätten wir endlos viel.» So denkt sie nicht mehr, sie lebt im Heute, will glücklich und aktiv sein und was ihr am Herzen liegt, verändern.

Ein Wunsch von ihr war eine Weltreise. «Das war schon immer ein Lebenstraum von mir. Dank der multiplen Sklerose hatte ich endlich den Mut, den Rucksack zu packen und zu starten. Denn keine Sekunde, die wir mit etwas verbringen, was wir nicht lieben, bekommen wir je zurück.»

Und wie steht es mit der Liebe? «Ich habe seit fünf Jahren einen Freund. Er war ganz überrascht, weil man es mir nicht ansieht, und hat super reagiert.» Sie lernten sich kennen, als Samira ge­rade die Diagnose bekam, die sie ihm direkt mitteilte. «MS ist nichts, wofür ich mich zu schämen brauche.»

Buchtipp

Samira Mousa: «Und morgen die Welt», Verlag Eden, Fr. 22.90.

Darin schildert die Autorin ihr Leben mit der Krankheit und wie sie ihren Lebensmut nie verloren hat.