«Ich lebte wie eine Einsiedlerin»
Vier Todesfälle in der Familie lösen bei Hazel eine unheilbare Hautkrankheit aus. Wegen ihres rot gefleckten Gesichts traut sie sich nicht mehr unter die Leute. Bis ihr eine Therapie hilft – und sie darauf sogar den Mann fürs Leben findet.
Sie schämt sich so! Für die flammend roten Flecken, die vor allem ihr Gesicht verunstalten. Hazel Lovegrove zieht sich immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurück: «Ich lebte 16 Jahre lang wie eine Eremitin.»
Die Flecken tauchen auf, nachdem die 64-Jährige ein unglaublich tragisches Schicksal ereilt: Innerhalb von vier Jahren sterben vier Familienmitglieder. «Zuerst ging mein Mann von uns, 1999 starb dann meine Mutter.» Der schlimmste Schlag war der Tod der 26-jährigen Tochter 2001. Und als wäre das nicht genug, starb zwei Jahre später auch ihr Vater Kenneth.
Die Mutter aus Salford in England ist überzeugt, dass ihre Flecken-Krankheit mit den Verlusten zusammenhängt. «Ich war am Boden zerstört.» Die Diagnose lautet Diskoider Lupus – unheilbar. Zusätzlich zu den Flecken fallen ihr büschelweise Haare aus.
Tochter Donna (43) hilft ihrer Mutter während der ganzen Zeit ihrer Trauer. «Sie war mein Felsen», betont Hazel. «Sie vermisst ihre Schwester ebenso wie ich. Aber wir sind dankbar, wenigstens einander zu haben.»
Alle möglichen Behandlungen werden Hazel verschrieben, doch nichts hilft. «Während acht Jahren unterzog ich mich einem Laser-Verfahren. Sie versuchten ihr Bestes, doch je länger die Therapie dauerte, desto schlimmer wurden meine Flecken.» Sie bricht ab.
Inzwischen ist Hazels Selbstvertrauen auf einem Tiefpunkt angelangt. Sie verlässt das Haus nicht mehr, und wenn, zieht sie sich sogar im Sommer eine Jacke mit Kapuze über.
Während einer ihrer raren Ausgänge kommt sie an einer Hautklinik vorbei. Sie nimmt ihre ganze Kraft zusammen: «Eine sehr liebenswürdige Dame kam auf mich zu. Sie überredete mich zu einem Besuch. Obwohl es offiziell keine Kur für mein Leiden gibt, versicherte sie mir, es gäbe chemische Peelings und Cremes, die mein Hautbild auf jeden Fall verbessern würden.» Sie gibt der Methode eine Chance.
Die Besitzerin der Klinik ist so gerührt von Hazels Geschichte, dass sie ihr eine kostenfreie Therapie anbietet. Und tatsächlich: Nach ein paar Monaten hat sich das Hautbild merklich verbessert. Hazel gewinnt an Selbstvertrauen. Sie besucht zum ersten Mal seit Jahren ihre Schwester Lyn (66). «Sie sagte mir, dass ich nun lange genug allein gewesen und es Zeit sei, jemanden kennenzulernen.» Lyn hilft ihr, sich auf einer Dating-Site zu registrieren.
So trifft Hazel Paul. Bei ihrem ersten Date hat Hazel immer noch Flecken im Gesicht, die sie mit Make-up zu verdecken versucht. «Ich wollte ihm meine Geschichte erst erzählen, wenn wir uns gegenüber sitzen würden.» Doch das alles stört Paul nicht, denn es funkt sofort zwischen den beiden. Nur einen Monat später, an Hazels Geburtstag, hält Paul um ihre Hand an. «Alle fanden, es sei viel zu früh, doch für mich fühlte es sich richtig an.»
Die Hochzeit findet statt. Und endlich fühlt sich Hazel nicht mehr befangen. «Im Gegenteil: Ich bin beschwingt – mein Leben ist mir zurückgegeben worden!»