«Ich kämpfe um mein Leben»

Robin aus dem Kanton Luzern war eine aufgestellte Jugendliche. Doch über Nacht wurde sie von einer schlimmen Krankheit heimgesucht – und die IV verweigert die Unterstützung.

Robin ist glücklich. Mit ihrer Mutter Britt (45) ist sie nach Paris gefahren, um dort ein paar schöne Tage zu verbringen. Doch der Ausflug endet schlimm. Wie angeworfen bekommt die Zwölfjährige Fieber, muss erbrechen, leidet an massiver Schwäche, Schwindelanfällen und Kopfschmerzen. «Typische Pubertätserscheinungen», beruhigen sie die Ärzte nach ihrer Rückkehr.

Das war vor vier Jahren. Doch die Symptome blieben. «Am Anfang erlitt ich alle zwei bis drei Wochen einen Zusammenbruch.» Und mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Inzwischen hat Robin daheim in Nottwil LU alle zwei bis drei Tage einen Zusammenbruch, der in einer Ohnmacht endet. Die einst vor Lebensfreude sprühende junge Frau, die Kampfsport betrieb, das Tanzen, Klavierspielen und Malen liebte, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nach jeder Ohnmacht braucht Robin bis zu 20 Stunden Bettruhe, um wieder einigermassen zu Kräften zu kommen. «Ohne Medikamente kann ich nicht einmal mehr gehen.»

Unzählige Spitalaufenthalte, Untersuchungen, Medikamente und Therapien hat Robin schon hinter sich. Die Ärzte stehen vor einem Rätsel. Darum wagt keiner eine Diagnose. Nur in einem sind sie sich einig: Die Krankheit könnte auch tödlich verlaufen. «Ich fürchte mich nicht direkt vor dem Tod», sagt Robin, «sondern davor, vielleicht eines Tages all die Menschen, die ich liebe, nicht mehr sehen zu können. Und es bereitet mir Mühe, meine Selbständigkeit verloren zu haben und auf Hilfe angewiesen zu sein.»

Wegen der häufigen krankheitsbedingten Absenzen musste sie die Matura abbrechen. Auch ein Wechsel in ein Internat konnte das nicht verhindern. Ihre Tochter so leiden zu sehen, klagt Britt Schönbeck, breche ihr das Herz. Zudem kämpfe sie seit vier Jahren gegen die Tücken des Gesundheitssystems. Sie habe den Antrag für eine IV-Rente gestellt für Massnahmen beruflicher Art. Doch der wurde mit der Begründung abgelehnt, dass es keine Diagnose gebe. «Aber wie kann ich eine Diagnose vorlegen, wenn kein Arzt herausfindet, woran mein Kind leidet?» Bitter fährt sie fort: «Robin geht es jeden Tag schlechter, da müsste man ihr doch helfen – auch ohne Diagnose. Ich fühle mich im Stich gelassen.» Infolge der aufopfernden Pflege für ihre Tochter muss die Alleinerziehende als selbständige Grafikerin und Fotografin ihr Arbeitspensum reduzieren und finanzielle Einbussen hinnehmen. «Das reisst Löcher in die Haushaltskasse, die ich nicht mehr stopfen kann.»

Robin kennt den finanziellen Teufelskreis, in dem sie und ihre Mutter stecken, sehr gut – und handelte vor ein paar Monaten. Auf der Crowdfunding-Seite «gofundme.com» bat sie um Unterstützung. Der Aufruf fand Gehör, es kam Geld zusammen, das sie bitter nötig hat. «Vielleicht reicht es für einen elektrischen Rollstuhl oder für die Deckung diverser Kosten.»

Ein weiterer Grund für ihren Auftritt im Internet ist der Wunsch, anderen zu helfen. «Meine Krankheit hat mein Leben innert Tagen radikal verändert.» Darum möchte sie die Mitmenschen aufrütteln und dazu bewegen, ihr Leben mehr zu schätzen und es bewusster zu erfahren. Auf Instagram (@rotkehlchen.x) ist sie eine Anlaufstelle für Jugendliche und junge Erwachsene, die Probleme haben. Zudem hat Robin ihre neue Website namens www.myfate.ch eröffnet.

Robin ist eine Kämpferin und schätzt ihre Situation nüchtern ein. «Ich habe immer noch die Hoffnung, gesund zu werden, muss aber auch damit rechnen, dass man mich nicht heilen kann.» Damit müsse sie leben. «Was immer auch geschieht, ich lasse mich nicht unterkriegen, versuche das Leben zu geniessen und das Beste daraus zu machen.»