Hand in Hand in den Himmel

Ein Ehepaar aus den USA hatte keine Chance, als Risikopatienten Corona zu überleben. Und starb fast gleichzeitig.

Shane Peoples fühlt sich betrogen. Von all denen, welche die Gefahren des Coronavirus immer noch nicht ernst nehmen und denken, es sei ein schlechter Scherz oder eine Verschwörung. In seinem Heimatland, den USA, gilt nach wie vor nicht überall eine Maskenpflicht. Und Präsident Donald Trump gibt all jenen Rückendeckung, die nicht an eine Schutzwirkung der Gesichtsbedeckung glauben: An seinen derzeitigen Wahlkampf-Veranstaltungen trägt er keine – und bringt seine Anhänger dazu, es ihm gleichzutun. Sogar in Staaten, in denen eine Tragepflicht besteht. Wie etwa in North Carolina, wo Shane Peoples wohnt.

Das ist ein Schlag ins Gesicht für den Familienvater: Seine Eltern hielten sich streng an die Vorsichtsmassnahmen. «Sie nahmen das sehr ernst», sagt der Sohn. Trotzdem traf es ausgerechnet Cathy (†65) und Johnny Lee Peoples (†67). Anfang August zeigten beide erste Symptome. Sie wurden positiv auf Covid-19 getestet und kamen 14 Tage später auf die Intensivstation.

Cathy und Johnny Lee hatten guten Grund, vorsichtig zu sein: Sie waren gesundheitlich vorbelastet. Cathy litt unter Bluthochdruck, Weichteilrheuma und Diabetes. Johnnys Lunge war von einer Lungenentzündung vor zwei Jahren angeschlagen. Trotz der schlechten Ausgangslage kämpfte das Paar – einen Monat lang. «Dann sagten uns die Ärzte, sie hätten keine Chance, zu überleben. Papa hätte vielleicht noch ein paar Tage oder Wochen gehabt, aber nur, wenn er stets an ein Beatmungsgerät angeschlossen gewesen wäre. Bei Mama versagten sämtliche Organe», erzählt Shane.

Man entschied, die beiden zu erlösen. Die letzten Stunden verbrachte das Ehepaar Peoples gemeinsam. Die Ärzte entfernten die Beatmungsgeräte, verlegten sie zusammen in ein Intensivzimmer, legten ihre Hände ineinander. Die beiden verstarben schliesslich im Abstand von nur vier Minuten. «Mein Vater und meine Mutter lebten Hand in Hand während 50 Jahren, 48 davon verheiratet. Nun starben sie händchenhaltend und gingen auch so in den Himmel», sagt Shane. Ein kleiner Trost in der grossen Trauer.

«Meine Eltern waren ein Segen für mich und meine Geschwister. Sie waren ein Segen für jeden, der sie traf», schreibt Shane auf seiner Facebook-Seite. «Sie waren beide so grosszügig mit ihrer Liebe gegenüber allen. Und sie halfen, wo sie konnten. Ich wünschte, alle könnten sie so sehen, wie ich sie sah: das liebevollste, fürsorglichste Paar, das man sich vorstellen kann. Ohne sie ist die Welt etwas düsterer geworden.»

Shane appelliert nun an seine Mitmenschen: «Nehmt Corona ernst. Das ist kein Witz, es ist real. Tragt Masken, haltet Distanz, wascht eure Hände. Und liebt andere so, wie meine Eltern das taten.»