Findel-Wildschwein ausser Rand und Band
Ausgehungert, zitternd und verlassen von seiner Mutter wird ein Wildschwein-Baby gefunden. In seinem neuen Zuhause, einem Bauernhof, blüht es auf – und wie!
Das kleine Wildschwein Eberhard ist kaum grösser als eine Katze – aber ein riesiges Energiebündel! Seit ein paar Wochen ist der Eber Teil des Haushalts von Werner und Angelika Schmäing in Dillenburg (D). Eberhard hat sich schon mit Collie-Hündin Ziva und Kater Leopold angefreundet, flitzt mit ihnen durch Haus und Garten. «Meine Frau fürchtet um die Wohnungseinrichtung. Die Blumenbeete im Garten haben wir eingezäunt – der wühlt mit seiner Nase alle Tulpenzwiebeln raus», erzählt der 56-Jährige «Ziehvater». «Erziehen lässt er sich jedoch nicht.»
Nicht einmal ausgiebige Spaziergänge mit dem Hund über die Wiesen der Nachbarschaft und durch die Wälder bringen Eberhard zur Ruhe: «Wenn wir heimkommen, geht Ziva in ihr Körbchen und schläft – aber Eberhard schaut vor dem Fressen noch bei den Hühnern vorbei.» Voller Wonne springt Eberhard in den Hühnerhaufen, Federn stieben und lautes Gegacker ist zu hören. Schmäings Hühner und der Hahn haben sich allerdings daran gewöhnt und inzwischen gelernt, nach dem ersten «Überraschungsangriff» auszuweichen. Werner: «Die springen einfach auf die Bank vor ihrem Stall und gackern zu Eberhard runter.»
Dass das kleine Wildschwein zu solch einem Wildfang wird, war nicht vorauszusehen: Ein Bauer fand das völlig unterkühlte Tierchen eines Morgens zitternd und alleine beim Kompost auf seinem Hof. Traurig schien Eberhard damals, mit hängendem Köpfchen und ohne jeden Elan. Er liess sich willig von Menschenhand greifen. Seine Mutter hatte den Kleinen bei einem nächtlichen Ausflug wohl schlicht vergessen. So eine Wildschweinrotte, eine Familiengruppe, ist schon mal mit 15 Frischlingen unterwegs. Das Problem: «Wenn sie weiterziehen, zählen sie nicht nach, ob auch alle mitkommen», erklärt Werner Schmäing. So stand Frischling Eberhard plötzlich alleine da.
Der Bauer, der das Tierchen fand, rief bei Schmäing an, der in der Gegend als aktiver Tierfreund bekannt ist – und der Tierschützer war sofort zur Stelle. Eine Wärmflasche brachte den Kreislauf des Eberchens wieder auf Touren, ein Fläschchen warmer Ferkelaufzuchtsmilch füllte das leere Bäuchlein. Nach ein paar Tagen hatte Eberhard wohl vergessen, wo er herkam. Auf Schmäings Hof hat er ja auch seine neue Rotte gefunden. Allerdings nur für eine beschränkte Zeit: «Wir haben schon einen Platz in einem benachbarten Wildgehege gefunden, wo Eberhard dann unter Artgenossen leben kann.»