Es ist ein Wunder, dass dieser Bub gesund ist

Andrea liess sich aus gesundheit­lichen Grünen sterilisieren. Doch die Ärzte machten ­einen grossen Fehler. Deshalb wurde Andrea völlig überraschend wieder schwanger – und musste mit ihrem Ehemann daraufhin eine schwere Entscheidung treffen.

Der kleine Wirbelwind krabbelt neugierig über den Teppich, quietscht vor Vergnügen. Mama Andrea (38, Hausfrau) und Papa Hendrik (38, IT-Kaufmann) freuen sich, dass es ihrem Nesthäkchen so gut geht, sagen: «Zu unserem grossen Glück hat Finnley keine Schäden durch die Schwangerschaft davongetragen. Das hätte auch ganz anders ausgehen können.»

Aber der Reihe nach: Nach der Geburt seines ersten gemeinsamen Kindes Jannik (8) wollte das Ehepaar aus dem deutschen Oberhausen keinen weiteren Nachwuchs mehr. Die grosse Tochter Viviane (16) hatte Andrea mit in die Ehe gebracht. Sie liebt Kinder, aber es hat einen ernsten Hintergrund, dass sie sich schon während der Schwangerschaft mit Jannik für eine Sterilisation entschieden hatte. «Ich bin Diabetikerin. Jede Schwangerschaft ist deshalb ein Risiko. Durch Unter- oder Überzuckerung können Behinderungen beim Kind und sogar Lebensgefahr für die Mutter auftreten», erklärt sie. Viermal war sie im Spital während der Schwangerschaft mit Jannik. Es bestand immer der Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftungen. Doch dieser stellte sich zum Glück jedesmal als falsch heraus. Jannik kam am 22. Juli 2010 gesund zur Welt, wurde per Kaiserschnitt geholt. «Diese Operation hatten wir mit den Medizinern in einem Berliner Spital vorher genau geplant. Während des Kaiserschnitts sollte in einem zweiten Schritt direkt die Sterilisation vorgenommen werden. Dafür habe ich die ärztlichen Unterlagen unterschrieben.»

Kein Wunder, dass der Schock gross war, als Andrea 2011 trotz Sterilisation erneut schwanger wurde. Nun war sie wieder da, die Angst um das Baby und um die eigene Gesundheit. «Genau diese Ängste hatte ich doch durch die Sterilisation verhindern wollen. Vor dem Eingriff hatte man uns aufgeklärt, dass es in einem Prozent der Fälle nach einer Sterilisation zu einer Schwangerschaft kommen kann. Aber ausgerechnet ich sollte nun zu diesem einen Prozent gehören?» Nach vielen schlaflosen Nächten und vielen Gesprächen entschloss sich das Ehepaar schweren Herzens zum Schwangerschaftsabbruch.

Und dann, sieben Jahre später, kündigte sich bei Andrea erneut Nachwuchs an! «Da brach meine Welt zusammen. Ich war in der elften Woche, obwohl ich ja eigentlich sterilisiert sein sollte. «Das durfte einfach nicht wahr sein», sagt sie. Und wieder die quälenden Fragen: Würde das Baby gesund zur Welt kommen? Oder hätte es Fehlbildungen am Herzen, am Nervensystem oder an der Lunge? Sie sagt: «Es war keine leichte Entscheidung, aber wir haben uns für das Baby entschieden. Heute sind wir überglücklich, dass alles gut verlaufen und unser Finnley gesund ist.» Der Kleine wurde per Kaiserschnitt geholt – und Andrea bei diesem Eingriff endgültig sterilisiert. Hendrik erklärt: «Bei dieser Operation entdeckten die Ärzte, dass ihre Berliner Kollegen tatsächlich keine Sterilisation vorgenommen, sie vermutlich vergessen hatten.»

Zur Sicherheit hat auch er sich in der Zwischenzeit unterbinden lassen: «Doppelt hält schliesslich besser.»