Erst die Liebe bewahrte ihn vor dem Tod

Joachim Reiche leidet unter Schrumpfnieren, muss dreimal pro Woche zur Blutwäsche. Das liess ihn in fast 40 Jahren mehr und mehr verzweifeln, ­sodass er an Suizid dachte – bis er seine Jugendfreundin wiederfand.

Seinen Platz auf dem Friedhof hatte Joachim Reiche (58) schon reserviert. Den Grabstein ausgesucht, alles Hab und Gut verschenkt. Um seine Gesundheit stand es so schlecht, dass er täglich mit dem Tod rechnete. «Oft hielt ich es vor Schmerzen nicht mehr aus. Auch meine seelische Kraft war aufgebraucht», erzählt der Deutsche aus Bad Düben (Sachsen) und fügt leise hinzu: «Sogar mit dem Freitod hatte ich mich beschäftigt.»

Der tragische Grund: Joachim hat Schrumpfnieren. Seit 37 Jahren muss er dreimal pro Woche zur Blutwäsche. Der «dienstälteste» Dialyse-Patient Deutschlands hat einen langen Leidensweg hinter sich. «Das Schicksal spielte mir nie gut mit», sagt er. 1981 sollte ihm eine Spenderniere endlich ein normales Leben ermöglichen. «Aber das Organ funktionierte nicht richtig. Es musste schon vier Wochen später wieder entfernt werden.» Nach dem Misserfolg blieb es bei diesem einen Transplantations-Versuch.

Die ständige Belastung zehrte seinen Körper so aus, dass 2013 Herzprobleme hinzukamen. «Der Kardiologe sagte mir einen Herzinfarkt voraus», erinnert sich Joachim Reiche. «Aber eine Bypass-OP wäre zu riskant gewesen.» Ein Teufelskreis, aus dem Joachim Reiche keinen Ausweg mehr sah.

Erst in letzter Sekunde konnte eine Medikamenten-Umstellung eine kleine Verbesserung bewirken. Doch das wahre Wunder vollbrachte Uta (58). Sie und Joachim hatten sich mit 18 während ihrer Lehre in der Landwirtschaft kennengelernt. Sie schwärmte damals heftig für ihn. Aber bevor aus der zarten Jugendliebe etwas Ernstes werden konnte, verloren sie sich aus den Augen. Bis Uta erfuhr, dass Joachim im kleinen Kreis seine Biografie vorstellte. «Ich wollte wissen, was aus ihm geworden ist, und ging hin», erzählt sie. Bei dieser Begegnung traf beide Amors Pfeil nach all den Jahren erneut. «Ich fühle mich bei ihm geborgen», schwärmt Uta. An eine Frau in seinem Leben hatte der Todkranke zuvor keinen Gedanken verschwendet. «Aber ich merkte, dass die Liebe ein wunderbares Heilmittel ist», sagt er und lächelt. «Mir geht es jetzt viel besser als zuvor.»

Die Liebe zu Uta hat ihm im wahrsten Sinne des Wortes sein Leben gerettet. So fackelte er nicht lange und hielt um ihre Hand an. Vor wenigen Wochen gaben sich beide das Ja-Wort. Uta: «Mein Mann hat wieder Lebensmut gefasst. Nun zählt für uns jeder gemeinsame Tag.»