«Er betrog mich, als ich um mein Leben kämpfte»

Kirsty lag verzweifelt in ihrem Spitalbett, hatte Angst und höllische Schmerzen. Sie sehnte sich nach der Unterstützung ihres Partners. Doch wo war der eigentlich?

Ihr Herz schlug wie verrückt: vor Angst, was noch auf sie zukommen würde. Die Engländerin Kirsty Rathbone (28) lag im Spital, war in Lebensgefahr und sollte bald operiert werden. Sie dachte an ihre beiden Töchter. Genau jetzt brauchte sie ihren Freund Gary am Krankenbett. Doch er tauchte nicht auf.

Die beiden hatten sich im März 2015 übers Internet kennengelernt. Sie stellten Gemeinsamkeiten fest. Auch er hatte eine gescheiterte Beziehung hinter sich und zwei Kinder. «Drei Wochen später trafen wir uns erstmals in einem Café. Ich glaubte, meinen Seelenverwandten gefunden zu haben», erzählt Kirsty. Sie beschlossen, eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Weiterer Nachwuchs war da nicht vorgesehen. Doch schon kurz danach wurde die junge Frau schwanger. Gary freute sich trotz allem. Damals wohnten sie noch nicht einmal zusammen.

Kurze Zeit später erwachte Kirsty nachts – ihr ganzer Schlafanzug war voller Blut. Sie rief ihren Cousin an, der sie sofort ins Spital brachte. Dann informierte sie Gary, der versprach, sofort zu kommen. Die Ärzte machten mehrere Tests. Gary erschien zwar am nächsten Tag, blieb aber nur eine Stunde. Er sagte, seine Arbeit absorbiere ihn vollständig.

Nach drei weiteren Tagen eröffneten die Ärzte Kirsty, dass sie in Lebensgefahr sei. Der Fötus müsse sofort geholt werden. Ohne den Eingriff würde sie in kurzer Zeit sterben. Unter Tränen rief sie Gary an. Der versprach, noch vor Beginn der Operation bei ihr zu sein. Doch als Kirsty zwei Stunden später in den OP-Saal gefahren wurde, war er immer noch nicht da. Nach zwei Stunden war der Eingriff vorbei. Alles war gut gegangen. Einige Zeit später tauchte Gary mit einem Blumenstrauss auf. Er streichelte Kirstys Haar, entschuldigte sich. Sie vergab ihm.

Als sie wieder daheim war, half er im Haushalt und kümmerte sich rührend um Kirsty. Doch dann, im November 2015, zwei Monate nach dem Verlust des Kindes, klingelte das Telefon. Eine Frauenstimme fragte Kirsty, ob sie mit Gary zusammen sei. Sie fuhr fort: «Er und ich sind schon seit zwei Jahren ein Liebespaar.» Kirsty erzählte ihr, dass er vorgegeben habe, ein Single zu sein, als sie sich kennenlernten. Weiter wurde klar, dass Gary die ganze Zeit bei der Anruferin gewesen war, während Kirsty im Spital um ihr Leben gekämpft hatte.

Sie versuchte ihn via Telefon zu erreichen und zur Rede zu stellen. Doch die Combox war ausgeschaltet, er tauchte nicht mehr auf und liess sich im Geschäft verleugnen. Wochen vergingen. «Ich war verzweifelt. Ich hatte mein Baby verloren, meinen Partner und die glückliche Zukunft, die ich mir ausgemalt hatte.» Doch mit der Zeit dachte sie, dass sie Glück gehabt hatte, Gary los zu sein. «Sollte doch die andere mit diesem Lügner glücklich werden!» Langsam kehrte wieder Normalität in ihr Leben ein, sie kümmerte sich intensiv um ihre Töchter.

Dann, ein Jahr später, im Oktober 2016, tauchte Gary plötzlich aus dem Nichts auf. Er wollte mit Kirsty sprechen, bat sie, ihm noch eine Chance zu geben. Er habe mit der anderen Frau Schluss gemacht und eingesehen, was für einen grossen Fehler er gemacht habe. Kirsty spürte, dass all die Liebe, die sie einst für ihn gefühlt hatte, komplett erloschen war. «Ich könnte dir niemals mehr vertrauen», antwortete sie selbstbewusst und bat ihn zu gehen. «Ich komme gut alleine zurecht», sagt Kirsty, «ich bin auch stark ohne Mann.»

Und was sagt Gary? «Ich war überfordert mit dem, was geschah. Ich versuchte, mein Lügengebäude aufrechtzuerhalten. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.»