«Enkeltrick? Nicht mit mir!»

Die rüstige Gerda wurde von Betrügern angerufen, die erzählten, ihrer Tochter gehe es sehr schlecht. Obwohl sie keine Tochter hat, liess sie sich zum Schein auf die Geldforderung ein.

Gerda S. ist 83 Jahre alt – und seit 13 Jahren Witwe. Sie lebt allein. Für Trickbetrüger scheint die Seniorin aus Würzburg (Bayern) ein leichtes Opfer zu sein. Wie man sich da nur täuschen kann! Das mussten zwei ­Betrüger erfahren, wie diese Geschichte um Klopapier, Gurkengläser und einen aufmerksamen Handwerker zeigt.

Alle paar Wochen wird Gerda S. von Trickbetrügern angerufen, wie sie in der «Bild am Sonntag» erzählt. «Meistens lege ich sofort auf.» Doch am Nachmittag des 22. Oktober, einem Freitag, war das anders. Die Seniorin weiter: «Der Mann am anderen Ende der Leitung gab sich als Polizist aus. Er sagte, meine Tochter sei in ­einen Autounfall verwickelt. Und ich müsse nun viel Geld bezahlen, damit sie freikomme.»

Der Haken: Gerda S. hat keine Tochter! Aber die Seniorin hat Lust, den Spiess umzudrehen und die Betrüger reinzulegen. Die Rentnerin beginnt, mit zittriger Stimme zu sprechen. «Das kann ich, weil ich früher als Kabaret­tistin auf der Bühne stand.» Die Aufforderung des Anrufers: Gerda S. soll Bargeld und Schmuck in eine Tasche packen und an der Haustür an zwei Boten übergeben. Zum Schein geht sie darauf ein.

Gerda S.: «Ich bin dann rüber zu meiner Nachbarin und habe sie gebeten, die Polizei zu alarmieren. Als ich wieder zu Hause war, habe ich Klopapier und Gurkengläser in eine Tüte gepackt. Damit das nicht auffällt, habe ich die Tüte oben zugeschnürt.» Doch die Boten − zwei junge Männer (15 und 24) in Jogginghosen, mit Base­ballmützen und Bauchtaschen − sind zur Übergabe schneller da als die Polizei.

Doch da ist zum Glück noch ein Zeuge: Maurer Patrick G. (32) beobachtet die Szene. Der Handwerker erinnert sich: «Ich arbeite seit drei Monaten am Haus gegenüber. Ich kenne die Dame, sie hat immer so nett gegrüsst. Manchmal haben wir ein paar Sätze geplaudert. Die Typen kamen mir verdächtig vor. Als sie mit der Tüte verschwanden, bin ich ihnen hinterher.» Auf einmal seien die beiden weggerannt. «Ich habe den Älteren schliesslich eingeholt und fest­gehalten, bis die Polizei kam. Der andere ist mit der Tüte getürmt.»

Ein paar Stunden später ist Gerda S. in der Stadt unterwegs. Dort erkennt sie zufällig den flüchtigen 15-Jährigen wieder und alarmiert die Polizei – Festnahme! Gegen beide Männer wurden Haftbe­fehle wegen des dringenden Tatverdachts des versuchten Betrugs ­erlassen.