Endlich sind sie wieder vereint!

In einer Flutnacht verlor Marie alles – auch ­ihren geliebten Bärli. Überglücklich erzählt sie, wie sie ihr Kuscheltier durch Zufall wiederfand.

Von Kai Franzke Jr.

Es ist ein kleiner Moment des Glücks. Ein Hauch von Trost, als Marie Weidenbach (80) ihren Teddy zärtlich an sich drückt. Sie glaubte ihn für immer verloren.

So wie sie fast alles verloren hat an jenem verhängnisvollen Abend des 14. Juli 2021, als die Wassermassen zur tödlichen Flut im Ahrtal wurden. In der Notunterkunft, einer Ferienwohnung in Quiddelbach (D), in der sie nun mit ihrem Lebensgefährten Rüdiger (77) untergebracht ist, erzählt sie von der schrecklichsten Nacht ihres Lebens − und wie der verlorene Teddy wieder zu ihr kam.

«Ein Leben lang habe ich in Altenburg gewohnt. Bei mir war immer Tag der offenen Tür. Jeder kam auf unsere Terrasse. Mein Haus stand direkt an der Ahr. Jetzt ist alles weg», sagt die frühere Bundeswehr-Mitarbeiterin. Das Wasser kommt am späten Abend − mit grosser Wucht. Rüdiger hat gerade noch Zeit, sich die Katze zu schnappen. Dann fliehen sie auf den Dachboden.

Das Paar zieht sich die nassen, verdreckten Kleider aus und greift nach einem Karton mit trockenen Karnevalskostümen oben auf dem Schrank. Rüdiger zieht sich eine knallgelbe Karnevalsuniform an, Marie schlüpft in eine lange gerüschte Karnevalsunterhose und eine rote Lederjacke. So hoffen sie auf Rettung − Stunde um Stunde. Doch das Wasser macht auch vor dem Dachboden nicht Halt.

Mit Ziegelsteinen bauen sich Marie und Rüdiger ein Podest. Auf ihm verbringen sie die ganze Nacht. Als den beiden auch im Speicher das Wasser bis zur Brust steht, ist Marie total erschöpft und sagt verzweifelt: «Rüdiger, mach dich aufs Dach, ich schaffe es nicht mehr.»

Das Glück: In seiner leuchtend gelben Jacke ist Rüdiger für einen Rettungshubschrauber gut sichtbar. So werden die beiden mit ihrer Katze geborgen − nachdem sie 13 Stunden auf dem Dachboden ausgeharrt haben.

Sie haben ihr Leben gewonnen, doch sonst alles verloren. Ihr früheres Zuhause ist völlig zerstört und muss abgerissen werden. Nach einer Übergangszeit im Altenheim leben sie nun in der Ferienwohnung. Die Miete müssen Marie und der frühere Schlosser von ihrer Rente zahlen − weil die Versicherung die Kosten zumindest momentan nicht übernimmt.

In all dem Leid entdeckt Marie plötzlich einen unerwarteten Lichtblick: ihren Bärli. «An dem Kragen habe ich meinen Bären auf Facebook wiedererkannt. Eine liebe Frau hatte ihn bei einer Aufräumaktion ein paar Kilometer weiter gefunden und eine Suchaktion gestartet.»

Den Bären hatte Marie bei einem Kurs der Landfrauen selbst entworfen und genäht. «Der Stoff stammt von dem Marinekragen eines Karnevalskostüms.» Wenn sie nun den Teddy in den Händen hat, denkt Marie auch an die glücklichen Zeiten, als sie früher selbst Karnevalsprinzessin war. Aber er macht ihr auch Mut für die Zukunft.

«Mein Bärli ist wieder da», sagt Marie, «das gibt mir Kraft für die Suche nach einer Wohnung. Denn wir möchten wieder in unsere Heimat zurück.» Nach Altenburg, dorthin, wo sie ihr ganzes Leben verbracht haben.