«Die Millionen sind weg – jetzt sammle ich Flaschen»

Als Marita erfuhr, dass ihr Mann ein Kind mit seiner Schwägerin hat, begann ihr tiefer Fall. Die Familie zerbrach, und vom vielen Geld von einst ist nichts geblieben – sie ist bitterarm, gibt aber nicht auf.

Dass es mit ihr einmal so enden würde, hätte Marita Dumat (60) im Traum nicht für möglich gehalten. Traurige Tatsache ist jedoch: Die ehemalige Millionärin mit Haus und Familie lebt jetzt auf der Strasse – und sammelt leere Pfandflaschen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Ihr Leben komme ihr vor wie ein reissender Fluss, der sie mit Gewalt aus ihrer bürgerlichen Existenz herausgerissen und weggespült hat. «Dass ich noch hier bin, wundert mich», sagte sie in einem Interview mit «Alles für die Frau». Ein zerschlissener Rucksack, eine hellbraune Strickjacke und schwarze Leggins sind alles, was die Frau aus Berlin noch besitzt.

Ihr und ihrer Familie ging es einst sehr gut. «Mein Mann war selbstständig und verdiente mit seinem Sanitärbetrieb viel Geld.» Marita Dumat hatte einen lukrativen Job bei der Berliner Finanzbehörde. Das Paar hat zwei Kinder (heute 32 und 25) und lebte in einer riesigen Altbauwohnung an bester Lage, dazu besassen sie noch ein Ferienhaus am See. Um das Geld anzulegen, kaufte Marita Dumat marode Häuser und liess sie sanieren. Ein Bankberater war es schliesslich, der ihr von der Möglichkeit erzählte, ein Konto in Luxemburg zu eröffnen, um Steuern zu sparen. «Das habe ich auch gemacht», gibt Marita Dumat zu. Sie wusste: Es ist illegal.

Dann kam der Tag, an dem eine Mitarbeiterin sie fragte, warum ihr Mann häufig mit einem Kind im Geschäftswagen herumfahre. Marita wusste von nichts. Sie stellte ihren Gatten zur Rede und erfuhr: Es ist sein Kind. Er hat es mit der Frau seines Bruders bekommen. Sie war am Boden zerstört. «In diesem Moment fühlte ich, wie meine heile Welt in tausend Stücke zerbrach», erinnert sie sich. Und ihr gedemütigter Schwager? «Er wusste von der Steuerhinterziehung und hat mich und meinen Ex-Mann aus Rache angezeigt.» Ein Verfahren wurde eröffnet.

Die 1,5 Millionen Franken, die sie auf dem Konto hatte, legte sie nach der Scheidung in Lebensversicherungen für ihre Kinder an. Ein Fehler, wie sie heute sagt. Denn die beiden haben sich von ihr losgesagt und wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben. Dann drehte sich die Abwärtsspirale immer schneller: erst der Rosenkrieg mit ihrem Ex, die Mutter plötzlich ein Pflegefall und der Verlust aller Freunde. Hinzu kamen Steuerschulden von 125’000 Franken. Sie begann immer mehr zu trinken und verlor ihren Job.

Im Januar 2014 stand der Gerichtsvollzieher vor ihrer Türe und ordnete die Zwangsräumung an. So stand sie im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strasse. Niemand wollte ihr helfen. Die Sucht nach Alkohol trieb sie dazu, in einem Supermarkt zu stehlen. Sie wurde erwischt, und weil wegen der Steuersache ein Strafbefehl gegen sie vorlag, kam Marita sofort ins Gefängnis.

Sie nutzte ihre Zeit in Haft, machte einen Alkoholentzug und bildete sich in der EDV weiter. Oft stellte sie sich die Frage, warum ihre Kinder sie nicht vor dem Gefängnis bewahrt hatten, denen sie doch je 750’000 Franken vermacht hatte. Als sie im Juni 2016 nach 27 Monaten entlassen wurde, hoffte sie auf einen Neuanfang. Gerne wäre sie in eine Frauen-WG gezogen. Doch es folgte eine weitere Enttäuschung: Nach dem Antrag auf eine Wohnung beim Sozialamt weigerte sich das Jobcenter, die Kosten – wie sonst üblich – zu übernehmen. Man sagte ihr, dass sie doch irgendwo noch Geld haben müsse.

Zum Glück fand Marita einen Anwalt. Ihm ist es zu verdanken, dass sie gegen das Jobcenter eine einstweilige Anordnung beantragt hat – mit Erfolg: Seit Kurzem hat sie einen Platz in einem Frauenhaus gefunden. «Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es wieder bergauf geht», sagte Marita zu «Alles für die Frau». Denn eines weiss sie: Tiefer kann sie nicht mehr fallen!