Das Mädchen, das nicht lachen darf

Milah ist neun Jahre alt und kann kaum Kontakt zu anderen Menschen haben. Dennoch hat sie ihre Lebensfreude nicht verloren und versucht mit ihren Eltern, das Beste aus dieser Situation zu machen.

Wie geht es einem Kind, das nie mit anderen spielen darf? Das drinnen bleiben muss, wenn Gleichaltrige draussen toben, lärmen, lachen?

Beim Besuch von Milah (9) und ihrer Familie zu Hause in Kronach (D) strahlt die Sonne. Doch die Rollläden sind zugezogen, die Zimmer abgedunkelt. Ihr Vater Marius (40) erklärt warum: «Milah leidet an einer seltenen Genmutation, die extreme neurologische Störungen verursacht, unter anderem Epilepsie und Autismus.» Jede Sekunde könnte sie einen Krampfanfall haben. Sie würde sich dann weder bewegen noch sprechen können, keine Luft mehr bekommen. «Milahs Leben wäre in höchster Gefahr, würde sie nicht schnellstens mit NotfallMedikamenten und Sauerstoff versorgt.»

Vor allem Aufregung wie der Besuch einer Freundin oder das Verteilen der Geschenke an Weihnachten, aber auch ein Lachen kann die Anfälle hervorrufen. Laute Geräusche und zu viele Menschen sind ebenfalls eine Gefahr. «Nicht einmal in einer Glaskugel wäre sie sicher», sagt Mutter Christina (35). «Wir sitzen immer auf dieser Zeitbombe und wissen nie, wann sie hochgeht. Der ständige Gedanke, sie zu verlieren, bringt so viel Schmerz mit sich.»

Milahs Geschwister Noah (11) und Emma (6) wissen, wie mit ihrer besonderen Situation umzugehen ist. Um das Mädchen vor Anfällen zu schützen, darf es das Haus fast nie verlassen. Die Schule kann sie nicht besuchen, Ergo- und Physiotherapeuten kommen zu ihr, einmal die Woche auch eine Lehrerin zum Förderunterricht. Ein Pflegedienst beobachtet sie rund um die Uhr. Das Haus musste behindertengerecht umgebaut werden, im Keller hat Milah nun ihr eigenes Reich mit einem Kinder- und einem Spielzimmer.

Um den Ausbau finanzieren zu können, gründete die Familie den Verein «Milah’s Nest» (www.milahs-nest.de). Er hilft nun anderen Familien in ähnlichen Situationen. «Wenn ich mit meinen Erfahrungen helfen kann, erfüllt mich das», sagt Mutter Christina.

Wie geht es Milah mit all dem? Wohl niemand würde sich wundern, wenn sie ein scheues Kind wäre und sich zurückzöge. Doch das Gegenteil ist der Fall: Milah geht auf Menschen zu, gewinnt die Herzen mit ihrer Fröhlichkeit und Lebensfreude. Ihre Eltern sagen: «Sie muss schon auf so viel verzichten, aber mit ihrem Charme macht sie sich ihr Leben glücklich.»