«Das Lächeln unseres Sohnes macht uns stark»

Janines Mann ist unheilbar krank, trotzdem entschied sich das Paar für ein Baby. Das haben die beiden bis heute nicht bereut.

Es war ein grosser Wunsch und eine mutige Entscheidung, die Janine und Mirco Weigand aus Deutschland gemeinsam getroffen haben: Sie wollten unbedingt ein Baby. Nicht ungewöhnlich für ein junges Paar, doch eine schwere Krankheit machte ihnen einen Strich durch die Familienplanung.

Mirco (36) erkrankte 2013 an ALS, einer nicht heilbaren Nervenerkrankung. Bis 2010 lebten die Weigands wie Millionen anderer Paare. 2002 hatten sie sich kennengelernt. Die blonde Janine (36) ist Erzieherin, Mirco, ein grosser kräftiger Mann mit unwiderstehlichem Lächeln, gelernter Anlagen-Energieelektroniker. 2005 heirateten die beiden, 2010 kauften sie ein Haus. «Wir haben von vielen Kindern geträumt, wollten mit ihnen im Garten herumtollen», erzählt Janine.

Doch schon 2011, beim Umbau des Hauses, klagte Mirco über Schmerzen im Arm. Die Ärzte tippten auf eine Schleimbeutelentzündung.

Doch der Arm wurde immer dünner und gehorchte ihm immer weniger. 2013 bekommt das Paar die Schockdiagnose ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), eine unheilbare Krankheit. «Am Anfang waren wir komplett verzweifelt, haben alle Stadien der Bewältigung durchlebt: Verleugnung, Aufbäumen, Wut. Mirco hat mir spontan die Scheidung angeboten. Aber ich habe ihm versichert, dass wir den schweren Weg zusammen gehen», erinnert sich Janine.

Doch dann, im Frühjahr 2015, passierte etwas Schreckliches: Mirco konnte nicht atmen, erstickte fast. Diese Nahtod-Erfahrung zeigte den beiden, wie endlich das Leben ist. «Wir haben uns danach vorgenommen, die verbleibende Zeit mehr zu geniessen, und so normal wie möglich zu leben. Mit Ausflügen in die nähere Umgebung, Ferien am Meer, Treffen mit Freunden und eben, wenn möglich, einem Baby, da Mirco nicht an einer vererbbaren Form der ALS leidet.»

Im November 2016 kam der kleine Finn auf die Welt. Mirco war mit einer Pflegekraft im Kreisssaal dabei. «Seine strahlenden Augen zu sehen war für mich ein grosses Geschenk», sagt Janine.

Seitdem stemmt die junge Mama allerdings auch eine unvorstellbare Doppelbelastung. Sie ist noch im Mutterschaftsurlaub, betreut liebevoll das Kind, aber auch ihren Mann. Er braucht rund um die Uhr einen Pflegedienst.

Familie, die helfen könnte, gibt es nicht. Janines Eltern sind verstorben, zu Mircos Eltern gibt es keinen Kontakt, allerdings springen schon einmal gute Freunde ein. «Ohne diese Unterstützung wären Notzeiten, wenn zum Beispiel Pflegekräfte ausfallen, nicht durchzustehen», erzählt Janine.

Klar ist, dass Janine nicht aufhören wird zu kämpfen. Sie sagt: «Resignieren geht nicht. Da sind zwei Menschen, die mich brauchen. Das macht unfassbar stark.» Woher nimmt sie die Kraft? Janine lächelt: «Wenn Finn am Bett seines Papas sitzt und ich Mircos strahlende Augen sehe, weiss ich, dass sich jeder Einsatz lohnt.»

ALS ist unberechenbar

ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) ist eine nicht heilbare Erkankung des motorischen Nervensystems. Die Ursache ist bis heute nicht bekannt, man vermutet eine Genmutation. Je nachdem, welche Nervenzelle zuerst betroffen ist, kann die Krankheit mit Sprach- und/oder Schluckstörungen beginnen. Sie ist seit mehr als 100 Jahren bekannt und kommt weltweit vor.