Internetliebe
«Als Pflegefall habe ich die grosse Liebe gefunden»
Weil sie schwerbehindert ist, dachte Manuela, dass sie keinen Partner finden würde. Doch dann lernte sie im Internet Thomas kennen, den sie geheiratet hat.
Manuela kann allein weder essen, stehen noch gehen. Die 46-Jährige kann sich auch nicht ohne Hilfe waschen oder ihre mehr als 25 verschiedenen Medikamente regelmässig einnehmen. Manuela ist ein Pflegefall. Die meiste Zeit des Tages liegt sie im Bett. Aber sie gibt sich nicht auf. Denn da ist jemand, für den sie leben will: ihr Mann Thomas (45). Der Busfahrer hat sie vor zwei Jahren geheiratet, als sie schon schwerkrank war und dauerhaft an Krücken gehen musste. Heute sitzt sie im Rollstuhl, und Thomas weiss, dass sie vermutlich lebenslang seine Hilfe brauchen wird. Aber das stört ihn nicht. Er meint: «Ich liebe sie so, wie sie ist.» Und Manuela strahlt: «Er ist das Beste, was mir passieren konnte.»
Eine ungewöhnliche Liebe, die Aussenstehende nur schwer verstehen können. Sie beginnt vor drei Jahren, als Manuela nach einem schweren Unfall mit diversen Brüchen erfahren hat, dass sie niemals wieder gesund wird und nie mehr arbeiten kann.
Sie liegt damals zu Hause im Bett, lenkt sich mit ihrem PC ab. Eine Freundin hat sie in einer Kontaktbörse angemeldet. Aber Manuela traut sich nicht, Männer anzuschreiben. «Wer will schon eine so kranke Frau wie mich?», denkt sie. Doch dann bekommt sie eine Zuschrift von Thomas. Der Singlemann aus München möchte sie gern kennenlernen, schreibt: «Ich mag dein Foto und mir gefällt, dass du Katzen liebst. Bitte antworte mir.» Manuela zögert: «Klar wusste ich, dass meine Chancen auf eine neue Beziehung schlecht stehen. Ich hatte auch nicht mehr den Mut dazu. Aber ich dachte, vielleicht gewinne ich einen guten Freund.»
Positiv denken, immer offen nach vorn sehen, das hat ihr schon so oft geholfen. Denn ihr Leben ist sowohl gesundheitlich als auch in der Liebe eine Verkettung schlimmer Schicksalsschläge. Eine Ehe scheitert an den Schlägen ihres Mannes, eine lange Beziehung am Alkohol. Ihr einziger Kontakt zur Aussenwelt ist ihr kleiner Tablet-Computer, damit schreibt sie Freunde im Netz an, damit liest sie Kontaktanzeigen, und darauf liest sie schliesslich Thomas’ folgenschwere Zuschrift.
«Ich habe mich schon am PC Hals über Kopf in ihr gutmütiges Wesen verliebt», erinnert sich Thomas. «Als sie mir später von ihrer Krankheit erzählt hat, hat mich das nicht mehr interessiert. Ich wollte sie kennenlernen, unbedingt.»
Sie ziehen schnell zusammen, und ein Jahr später, am 8.8.2014, heiraten sie. Als Thomas ihr den Goldring ansteckt, weint sie vor Glück. Und das Glück ist geblieben. «Er ist der wundervollste Mann der Welt», schwärmt Manuela. «Seine Fürsorge ist unbeschreiblich!» Der drahtige Mann fährt Nachtschichten, damit er sich tagsüber um seine Frau kümmern kann.
Doch während der Ehe verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand. Sie bekommt immer neue Lähmungen, ist schliesslich bettlägerig. Doch Thomas’ Liebe hält das aus. Er wäscht und füttert Manuela, trägt sie auf den Balkon, schiebt sie im Rollstuhl durch die Natur. Er klagt nie, dass ihm alles zu viel wird. Er sagt nie, dass er etwas vom Leben verpasst, wenn er abends mit ihr eng umschlungen vor dem Fernseher sitzt.
«Ich geniesse unsere Zweisamkeit», meint er. «Wir erzählen uns viel, lachen, gehen mit unseren Hunden durch die Natur. Jede Stunde mit Manuela ist wunderbar!