Als «Mama Langohr» rettet sie Kaninchen

Sabine kümmert sich liebevoll um die ­Vierbeiner, die misshandelt wurden. Sie päppelt sie auf und vermittelt sie dann an ein liebevolles Zuhause.

Wenn Sabine Krüger mit frischen Rüebli winkt, stehen ihre Langohren kerzengerade im Garten. Dann warten Paloma und Sunshine, Cajou und Lillyfee mit vielen anderen Artgenossen ungeduldig auf ihr leckeres Essen, bevor sie wieder fröhlich und ausgelassen durch ihr grosses Gehege hoppeln. «Diese Lebensfreude entschädigt mich für jede durchwachte Nacht und die vielen, vielen Stunden, die ich die kleinen Langöhrchen aufpäppeln musste», erzählt die 48-Jährige.

All die Tiere, die in ihrem bayerischen Garten so ausgelassen ihre Haken schlagen, haben ein schlimmes Martyrium hinter sich. Sie mussten als Schlachtkaninchen in viel zu engen Käfigen vegetieren, sind von gleichgültigen Besitzern ausgesetzt oder, wie Abfall, in Mülltonnen entsorgt worden. Sabine Krüger weiter: «Kaninchen werden bis zu 14 Jahre alt. Das überlegen sich nur wenige. Wenn die Kinder den Spass an den Tieren verloren haben, will man sie loswerden, irgendwie.» Nur wenige Tiere haben das Glück, von einem Tierfreund gerettet zu werden oder gar in die Obhut von «Mama Langohr» zu kommen, wie Sabine Krüger in ihrer Region liebevoll genannt wird.

Durch Zufall kommt sie zu den Kaninchen: 2013 ruft eine Freundin aus dem Tierschutz an, braucht dringend Hilfe für ein Nottier. Krüger zögert nicht, sagt Ja und nimmt das Kaninchen spontan bei sich auf. «Es war völlig abgemagert und zitterte vor Angst. Ein Bild des Jammers», erinnert sie sich. Die ge-lernte Verkäuferin hat eigentlich genug um die Ohren. Aber für den kleinen Mümmelmann verzichtet sie sofort auf Freizeit und Schlaf. Mit ganz viel Geduld päppelt sie den kleinen Kerl wieder auf. «Nach zwei Wochen kam er zu mir gehoppelt und frass mir aus der Hand. Da wusste ich: Es ist alles gut.»

Diese Erfahrung lässt sie nicht mehr los. Sie beginnt, sich mit Kaninchen zu befassen, lernt alles über die artgerechte Haltung, die beste Ernährung und den richtigen Umgang mit den sehr empfindlichen Tieren. «Kaninchen muss man regelmässig gut und gehaltvoll füttern, ihnen Platz anbieten und sie in Ruhe lassen. Sie mögen nur wenig Streicheleinheiten und sind absolut keine Kuscheltiere», weiss sie heute und gilt bei vielen als Expertin. Mittlerweile hat die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern mehr als zehn eigene und 25 Pflegekaninchen. Aber insgesamt hat sie schon mehr als 500 Tiere gerettet. Und dabei wartet sie nicht, dass ihr jemand ein Tier bringt, sondern wird auch selbst aktiv. Regelmässig durchforstet sie das Internet nach Anzeigen, in denen Tiere angeboten werden. Wenn ihr etwas merkwürdig vorkommt, fährt sie zu den Besitzern und nimmt die Tiere zu sich. «Die meisten wollen kein Geld, sind nur froh, dass sie die lästig gewordenen Tiere los sind.»

Krüger päppelt sie auf und vermittelt sie später in ein liebevolles Zuhause. «Für manche kommt meine Hilfe aber auch zu spät», sagt sie traurig. «Sie sind so zerschunden, dass sie in meinen Armen sterben.» Aber die Tierfreundin will längst mehr, als den Tieren ein Zuhause geben. Sie will auch helfen, künftiges Leid zu verhindern und klärt in Schulen und Kindergärten auf: «Kaninchen sind kein Spielzeug, sondern Lebewesen, die Zuwendung und Zeit brauchen, und natürlich Geld.»

Regelmässig hat sie Anfragen von Menschen, die einem Tier ein Zuhause geben möchten. «Aber ich schaue genau hin», sagt sie ernst. «Ich verspreche jedem meiner Mümmelmänner, dass ein glückliches Leben auf ihn wartet. Und ich halte Wort.»