«Als Kind bekam ich Schläge statt Liebe»

Von der Mutter wurde Kristina gequält. Doch erst vor fünf Jahren brach sie endgültig mit ihr – ein Befreiungsschlag.

Wenn Kristina (44) an ihre Mutter denkt, fallen ihr nur Strafen, Schläge und Beleidigungen ein. «Für mich war meine Kindheit die Hölle», erklärt die zweifache Mama, «und ich kämpfe bis heute darum, die Schatten dieser Vergangenheit loszuwerden.»

Ihr Martyrium beginnt mit fünf Jahren, als sich die Eltern trennen. Ihre Mutter hat neue Partner, zieht mit den Kindern immer wieder um. «Ihren Frust liess sie an mir aus», glaubt Kristina. «Meine Mutter bezeichnete mich als Dreckstück und Abschaum.» Das Mädchen wird wegen Nichtig­keiten eingesperrt, geschlagen und getreten. «Wenn ich weinte, bekam ich fürs Weinen Schläge.» Erst als der Grossvater am Körper des Kindes Narben entdeckt, nimmt er es zu sich, schaltet das Jugendamt ein. Doch vergeblich: Man schickt sie immer wieder zurück, wo alles von vorne beginnt.

Danach flüchtet sich Kristina in − leider schlechte − Beziehungen, bekommt früh zwei Kinder (heute 21 und 23). Ein Wendepunkt! Für ihren Nachwuchs versucht sie, ihr Leben in den Griff zu bekommen und machte eine Umschulung zur Rechtsanwaltsgehilfin. Doch die Erinnerungen lassen die junge Frau nicht los. Ängste plagen sie: vor dem Autofahren, vor Menschenansammlungen. Mit Anfang 30 beginnt sie eine Therapie.

Anfangs versucht Kristina, die Vergangenheit mit ihrer Mutter gemeinsam aufzuarbeiten. Doch jeder Versuch endet in neuen Beleidigungen. Vor fünf Jahren bricht sie auf Rat der Ärzte den Kontakt ab. «Es war wie eine Befreiung!», sagt sie. «Danach konnte ich Frieden schliessen – mit mir, aber auch mit ihr.»