Adelheid wächst über sich hinaus

Der Kleinwuchs macht ihr oft zu schaffen. Aber die Münchnerin weiss sich ziemlich clever zu helfen.

Betretenes Wegschauen, taktloses Anstarren oder ein boshaft gezischtes «Zwerg» – all das kennt Adelheid Jung (56). «Wie sehr es mich verletzt, hängt von meiner Tagesform ab», sagt sie tapfer. Die Münchnerin leidet unter Achondroplasie, eine Genmutation. «Ich habe einen normal langen Rumpf, aber verkürzte Arme und Beine.» Mit 1,25 Metern gilt sie als kleinwüchsig.

Im Vergleich mit ihren Geschwistern war früh klar, dass Adelheid anders ist. «Aber meine Familie hat mich immer überallhin mitgenommen. Ich war einfach ich und deshalb nie unglücklich», erzählt sie. Trotzdem hat sie täglich mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Möbel, Autos, Lifte, Kleidung – unsere Welt ist auf Menschen zwischen 1,65 und 1,90 Meter zugeschnitten.

Adelheid kann nicht ständig eine Trittleiter mitschleppen. Aber ohne kommt sie beim Bäcker nicht an die Tüte. Und Schuhe? «In Grösse 33 gibt es die fast nur mit Glitzer oder mit Prinzessinnen darauf.» Deswegen setzt sie sich bei ihrer Arbeit für den Selbsthilfeverband kleinwüchsiger Menschen auch für bessere Lebensbedingungen ein. «Wir sind zwar klein, aber deshalb nicht zu weniger fähig.» Und wenn sie doch einmal Hilfe braucht, hat sie neben der Trittleiter noch andere Mittel.

«Mit der Zeit habe ich einen guten Blick dafür bekommen, wer mir gern etwas aus dem Supermarktregal holt.» Auch Autofahren klappt dank verlängerter Pedale. Adelheid geht offen mit ihrem Anderssein um. Und will Vorbild sein. «Das Leben ist lebenswert – egal mit welcher Grösse!»