«Erika und die Musik machen mich glücklich»

Es könnte ihm nicht besser gehen: Der Ländlerkönig geniesst sein Leben rundum, verbringt viel Zeit mit seiner grossen Liebe im Tessin. Auch macht es ihm Freude, weiterhin mit seiner Kapelle aktiv zu sein. Einziger Wermutstropfen: Zwei Menschen fehlen ihm besonders.

Es ist ein Traumtag, wie er schöner nicht sein könnte. Wir besuchen Ländlerkönig Carlo Brunner (66) und seine Lebens­partnerin Erika Grab (64) in ihrem Tessiner Ferien-Paradies. Das Paar, das seinen Hauptwohnsitz in Schindellegi SZ hat, ist seit langem mit der Sonnenstube verbunden. Vor zwei Jahren zog es von San Nazzaro auf die gegenüberliegende Seeseite nach Brione sopra Minusio um. Von der Terrasse ihres Hauses aus geniessen die beiden eine prächtige Aussicht über den Lago Maggiore. Ein herrlicher Rückzugsort, der in diesen schwierigen Zeiten besonders wertvoll ist. Wer aber jetzt annimmt, dass der Musiker coronabedingt nur noch die Füsse hochlegt und seit der Pensionierung dem Dolcefarniente an der Sonne frönt, liegt total falsch.

GlücksPost: Sie haben im April Ihren 66. Geburtstag gefeiert. Nehmen Sie sich den Hit «Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an» von Udo Jürgens zu Herzen?

Carlo Brunner: Man kann sich nur so geben, wie man sich fühlt. Ich habe nach meiner Pensionierung letztes Jahr nie festgestellt, dass die Luft bei mir raus wäre. Ich fühle mich noch immer sehr gut und auch jugendlich. Ich habe viel Humor und lache über die gleichen dummen Sprüche wie früher. Ich halte mich fit, spiele Tennis, gehe wandern und habe Freude am Velofahren. Und wenn ich mit meinen Musikanten zusammen spiele und es so schön tönt, dann gibt mir das erst recht ein gutes Gefühl.

Als TV-Moderator Kurt Zurfluh vor vier Jahren ganz überraschend während der gemeinsamen Reise mit seinem guten Freund Carlo Brunner auf Kuba starb, war er nur ein Jahr älter als der Musiker.

Wie denken Sie an das tragische Ereignis zurück?

Der Moment, Kurt im Arm zu ­halten, als er starb, ist das Schlimmste, was ich je im Leben erfahren habe. Ich konnte jedoch das Geschehene so weit verar­beiten, dass nur das Positive geblieben ist. Dafür musste ich ­lernen, den Schmerz wegzu­stecken. Heute erinnere ich mich fröhlich an Kurt. Ich denke an die vielen schönen Stunden, die ich mit ihm verbringen durfte. Ge­holfen hat mir sicher auch, dass ich eine Frohnatur bin. Für mich ist ein Glas immer halbvoll, nie halbleer. Ich sehe alles von der hellen Seite, auch wenn es dunkle Wolken hat.

Sie sind seit dem letzten Jahr ­pensioniert und wollten eigentlich kürzertreten. Nun sind Sie als Musiker weiterhin sehr aktiv. Wie kam das?

Es war tatsächlich nicht vorge­sehen, dass ich nach dem altersbedingten Ausstieg meines langjährigen Akkordeonisten Martin Nauer in November 2017 mit der Ländlerkapelle weitermache. Als dann Akkordeonist Urs Lötscher neu zur Superländlerkapelle dazukam, habe ich festgestellt, welch grosser Ländlermusik-Fan er eigentlich ist und dass er meine Musik seit seiner Jugend kennt und schätzt. Es hat alles gestimmt, und deshalb haben wir entschieden, mit der traditionellen Ländler­musik weiterzumachen. Die bisherigen Auftritte kamen super an. Auch die Produktion der neuen CD hat riesig Spass gemacht. Wir können es kaum erwarten, bis wir wieder vor Publikum auftreten dürfen. Es macht mich glücklich, weiterhin Musik zu machen. Ich bin auch weiterhin sehr kreativ und komponiere neue Titel. Ich arbeite täglich, auch wenn ich im Tessin bin. Solange ich mag, gebe ich weiter Vollgas.

Ihre Musiker Philipp Mettler (45), Urs Lötscher (39) und Schöff Röösli (41) sind alle mehr als 20 Jahre jünger als Sie. Inwieweit profitieren Sie davon?

Mit zunehmendem Alter verliert man manchmal etwas die Energie und Motivation. Und ja, ich spiele etwas weniger virtuos als früher. Aber durch die Erfahrung empfinde ich die Musik intensiver, tauche darin ein und spiele dadurch vielleicht sogar schöner. Meine Buebe, wie ich die Musiker nenne, sind alle jung, frisch und gut. Da will ich mithalten, und das motiviert extrem. Auch marketingtechnisch haben Junge andere Ideen, nutzen die sozialen Medien. Davon habe ich keine Ahnung.

Auch mit der Technik von Modelleisenbahnen kommt er nicht ­immer zurecht. Das war früher Sache seines Vaters Ernst († 85). Mit ihm zusammen hat er sich im Keller des ehemaligen Feriendomizils einen Bubentraum erfüllt und eine aufwendige Anlage aufgebaut.

Wurde die Modelleisenbahn gezügelt?

Nein, das wäre nicht möglich ­gewesen. Aber es ist mir eine Herzens­angelegenheit, das Werk meines Vaters in Ehren zu erhalten. Ich konnte nach dem Verkauf des Hauses den Keller vom neuen Besitzer weitermieten, und so verbringe ich dort regelmässig Zeit. Ich habe ein grosses Bild von Papi aufgehängt, und immer wenn ich den Raum betrete, begrüsse ich ihn mit «Hoi», wenn ich gehe, sage ich: «Schau gut, dass nichts passiert!» (Carlo hält einen Moment inne und schmunzelt.) Als eine Seilbahn defekt war, hatte ich keine Ahnung, wie ich sie wieder zum Laufen bringe. Ich schaute das Foto an und bat meinen Papi, mir zu helfen. Ich probierte dann dies und jenes aus, und nach zehn Minuten lief die Seilbahn plötzlich wieder. Mein Vater ist mir in diesem Raum sehr nahe. Wir hatten eine innige Beziehung, er war mein bester Freund. Er fehlt mir.

Ihre Enkelkinder haben andere ­Interessen als das Isebähnle.

Meine Tochter Nadja hat zwei Söhne, Erikas Sohn Seppi zwei Töchter, alle sind im Alter ­zwischen acht und zehn Jahren. Sie bestimmen, was sie mit mir unternehmen wollen. Ich bin dabei. Mit den Buben spiele ich oft Fussball, und die Mädchen lieben es, zu dökterlen und mich zu verarzten. Unsere Kinder und Grosskinder besuchen uns gerne im Tessin. Es ist ein Familienhaus, in dem alle willkommen sind.

Mit Erika Grab haben Sie Ihre grosse Liebe gefunden. Sie sind seit 23 Jahren ein Paar. War eine Hochzeit wirklich nie ein Thema?

(Er lacht herzhaft.) Wir haben beide herausgefunden, dass es dumm wäre, etwas zu verändern. Erika war einmal verheiratet, und die Ehe ist gescheitert. Bei mir war es das Gleiche. Wir brauchen keine amtliche Bescheinigung, dass wir zusammengehören.

Was macht eure Partnerschaft aus?

Ich glaube, es sind grundsätzlich die gleichen Interessen, die uns verbinden. Es ist erstaunlich, wie Erika auf mich eingeht, mit dem, was ich mache. Ihre Begeisterungs­fähigkeit und ihre Hilfsbereitschaft sind einmalig. Jahrelang hat sie mich beispielsweise beim Lachner Wieh­nachtszauber unterstützt und mit einer Selbstverständlichkeit einfach mitgeholfen. Ich bewundere ihren Elan und ihre Gutmütigkeit. Sie ist eine sensationelle ­Köchin, sie ­arbeitet leidenschaftlich gerne im Haus und im Garten. Und sie ist Tag und Nacht immer für mich da.

Das sieht nach einer Bilderbuch-Beziehung aus.

Es mag kitschig tönen, aber ja, so ist es! Wir streiten uns auch nie und haben es gut zusammen – ohne Wenn und Aber. Erika und ich sagen uns auch gegenseitig sehr oft, wie gern wir uns haben. Und wir bedanken uns beim Partner für etwas, zeigen gegenseitigen Respekt und Wertschätzung. Wir leben unsere harmonische Beziehung.

Da erübrigt sich eigentlich die ­Frage, ob Sie noch einen gemein­samen Traum haben …

Wir möchten gesund bleiben, aber wir sind wunschlos glücklich. Uns bringt nichts auseinander.