Flucht ins Frauenhaus

Andrea war so sicher, ihren Traummann gefunden zu haben. Doch das entpuppte sich als grosser Irrtum.

Anfangs war die Beziehung von Andrea Schmidt (32) zu dem zehn Jahre älteren Mechaniker Michael ein Traum. Die Finanzbuchhalterin aus Deutschland lernte ihn 2011 im Internet kennen. Sie war alleinerziehende Mutter von Monique (11). Michael war höflich und liebevoll. «Er sprach von grossen Gefühlen, wollte gleich zusammenziehen und Kinder. Welche Frau wünscht sich das nicht?», erinnert sie sich. Andrea zog rasch zu ihm ins Familienheim, schon im April 2012 heirateten die beiden. Andrea dachte, sie hätte das Glück gepachtet. «Aber in Wirklichkeit glaubte er, mit mir machen zu können, was er will.»

Michael sagte, wo es langgeht. Andrea musste spuren. «Bei jeder Meinungsverschiedenheit brüllte er.» Ihr Mann behauptete, ihre Eltern, Freunde und Arbeitskollegen würden schlecht über sie reden. «Ich glaubte das damals. Er hatte nur ein Ziel: sich überlegen zu fühlen.» Als Ende 2013 die Zwillinge Genevieve und Charlie zur Welt kamen, hatte Michael es geschafft: Andrea musste sich um drei Kinder kümmern, war finanziell abhängig.

Michael begann, auch die Kinder zu schikanieren. Die Mutterliebe aber machte Andrea zur Löwin: «Monique hatte er besonders auf dem Kieker. Als sie einmal ganz bitterlich weinte, schaffte ich den Absprung und flüchtete mit ein paar Koffern ins Frauenhaus. Das war die beste Entscheidung meines Lebens.» Vier Monate erholte sie sich dort von den seelischen Strapazen. «Ich brauchte Hilfe, um meine Gedanken neu zu ordnen und zu lernen, mir und meiner Wahrnehmung zu vertrauen.»

Heute arbeitet Andrea wieder. Ihre Eltern und Freunde unterstützen sie dabei, ihre Scheidung durchzustehen. «Ich gehe auf Michaels absurde Vorwürfe nicht mehr ein. Er hat keine Macht mehr über mich», sagt sie mit fester Stimme. «Endlich bestimme ich wieder selbst mein Leben – und das meiner Kinder.»