Marco Rima
Was er alles aufs Spiel setzt!
Er nimmt sprichwörtlich keine Maske vor den Mund, stellt die Wirksamkeit der Corona-Massnahmen öffentlich in Frage. Welche Auswirkungen dies auf die Karriere des Komikers hat, wird sich zeigen. Seine Familie leidet jetzt schon.
Sein Vater sei ein Idiot, Aluhutträger und Schwurbler. Solche und ähnliche Aussagen müsse sich sein achtjähriger Sohn zurzeit in der Schule von seinen Gspänli anhören, schreibt Marco Rima (59) auf Facebook. Es ist der neuste in einer ganzen Reihe von Beiträgen auf der Social-Media-Seite des Comedians, die sich alle um Corona und die von den Behörden verordneten Massnahmen drehen. Dass seine Familie erleben muss, wie er angefeindet wird, hat einen einfachen Grund: In seinen Online-Botschaften outet sich Rima als Corona-Skeptiker.
Seit dem ersten, aufsehenerregenden Video, das er im Mai mitten in der Nacht ins Internet gestellt hat, dominiert Covid-19 das Leben des Zugers mehr, als ihm lieb sein kann. Darin erklärte er, dass bei ihm Freude herrsche, weil sich all die Schreckens-Szenarien über Millionen von Toten, überfüllte Spitäler und einem neuen Corona-Peak nicht erfüllt hätten. Und rief die Regierung(en) auf, die Schweiz und die Welt wieder zu öffnen. «Macht den gesunden Menschen Platz zum Arbeiten und gebt uns Künstlern die Möglichkeit, zu performen.» Damit meinte er wohl vor allem sich selbst.
Finanziell leide er zwar nicht unter der Coronakrise, betont Rima. Er könne noch gut einige Jahre leben, ohne auftreten zu müssen, denn seine Frau habe gut gehaushaltet. Aber all seine Kollegen, die nun grosse, existenzielle Probleme haben, für die versteht er sich als Sprachrohr. In einem Interview verriet er, dass er sich beim BAG gemeldet und versucht habe, einen Dialog in Gang zu bringen, damit man neue Wege für Theaterschaffende und Bühnenkünstler fände.
Er selbst ist zuletzt 2015 mit einem neuen Programm («Hellwitzia») durch die Schweiz getourt. Heuer wäre er endlich wieder so weit gewesen, neue Spässe zu präsentieren. Die Pandemie machte jedoch die beruflichen Pläne zunichte, die Auftritte mit der Show «No Problem!?» mussten auf Frühling 2021 verschoben werden. Der Frust über diese Entwicklung wäre ein verständlicher Grund für den nächtlichen Ausbruch im Mai gewesen. Doch dabei blieb es nicht. Es folgten weitere ähnliche Beiträge – von einem offensichtlich an Schlaflosigkeit leidenden Mann jeweils zu später Nachtstunde aufgenommen. Und Rima rutschte immer mehr in die Ecke von Extremisten und Verschwörungstheoretikern.
Seine Statements – «Man muss vielleicht einfach aufhören zu testen und keine Nachrichten mehr hören. Plötzlich wären die Fallzahlen auf null!» – gipfelten in einem Auftritt an einer Demonstration von Gleichgesinnten in Zürich Mitte September. Von der Bühne rief Rima der Menge einen Satz zu, den er und der Rest der Schweiz nicht so schnell vergessen werden: «Niemand wird in den nächsten Monaten an Corona sterben.»
Die Welle der Empörung, die wegen dieser offensichtlichen Falschaussage über ihn schwappte, bewegte den Zuger dazu, sich Stunden später wiederum auf Facebook zu erklären: Es sei ihm «ein ganz dummer Fehler unterlaufen», er sei «in der Hitze seines Vortrags um eine Zeile verrutscht».
Seither bläst ihm ein scharfer Wind entgegen. Vor allem nun deshalb, weil Rima auch jetzt, in einer Zeit, in der die Zahl der Infizierten täglich steigt, weiter gegen eine Politik wettert, die «diktatorische Züge» annehme. Aus Italien, wo er bis letzte Woche mit der Familie Ferien machte, hinterfragt er erneut die Maskenpflicht. Macht sich lustig darüber, dass man in dem von Corona traumatisierten Land nun den Mund- und Nasenschutz in allen öffentlichen Bereichen tragen muss, egal ob drinnen oder draussen.
Marco Rima hat mit solchen Äusserungen viele Feinde gewonnen. Aber auch Anhänger. Mehr noch: Er ist inzwischen die Galionsfigur für all jene geworden, die wieder ein normales Leben möchten – ohne Einschränkungen und Vorschriften. «Die Politiker wollen doch einfach mal wissen, wie weit sie gehen können», mutmasst Rima. Aus dem rasenden Corona-Kritiker-Zug aussteigen will oder kann er nicht mehr. Und nimmt so einiges in Kauf. Seine Familie leidet und vielleicht auch künftig seine Karriere.