«Uns macht nichts so schnell Angst»

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau, heisst es. Bei dem TV-Liebling ist dies seit 26 Jahren Ehefrau Carla. Ob seine Karriere oder das Grossziehen dreier Söhne, einer davon mit Behinderung: Gemeinsam meistern sie alle Herausforderungen des Lebens.

Tapfer! Nik Hartmann (45) und Ehefrau Carla (45) nehmen den Nieselregen, Wind und Kälte beim Spaziergang am Zugersee nahe ihrem Zuhause fast so locker in Kauf wie ihr jüngstes Familienmitglied, das um sie herumflitzt: Hündin Oshkosh (5). Der Rest ihrer Lieben ist beschäftigt: Die älteren Söhne Constantin (15) und Frederik (12) büffeln in der Schule, Melchior (9), der eine zerebrale Behinderung hat, ist in einer heilpädagogischen Einrichtung betreut. Ein kleines freies Zeitfenster für das Paar, bevor Nik mit Dreharbeiten für «Winter Wunderland» beschäftigt ist.

GlücksPost: Carla, Ihr Mann ist nun wieder tagelang von zu Hause weg. Schlimm oder schön?
Carla Hartmann: Weder das eine noch das andere! Zwar habe ich es etwas strenger, aber es ist bloss eine Frage der Organisation und durchaus machbar. Zudem haben wir ein hilfsbereites Umfeld.

Ziehen Sie, Nik, jeweils mit einem schlechten Gewissen von dannen?
Nik Hartmann: Nein, aber ich merke, dass ich immer schneller den Weg nach Hause suche. Früher habe ich nach einer Live-Sendung beispielsweise noch eine Nacht am Drehort verbracht, heute fahre ich direkt heim. Weil es mich braucht, aber vor allem weil mir mein Engagement zu Hause extrem viel wert ist. Wir geniessen die gemeinsame Zeit sehr.

Wie regeln Sie die Hausarbeit?
Carla: Wenn Nik da ist, kocht er fast immer, geht einkaufen, oft mit dem Hund spazieren, ist fürs Veloflicken und dergleichen zuständig. Aber grundsätzlich müssen wir durch seinen Job flexibel sein.
Nik: Der Vorteil an diesem ist, dass ich – vielleicht im Unterschied zu anderen Männern – bei der Arbeit Energie tanke. Wenn ich heimkomme, brauche ich keine Zeit für mich, bin sofort voll da.

Sie meinten mal, dass Sie ohnehin keinen Job ohne die Zustimmung Ihrer Frau annehmen würden.
Nik: Klar, ich stelle sie nicht vor vollendete Tatsachen.

Haben Sie schon mal Ihr Veto eingelegt, Carla?
Carla: (überlegt) Ich glaube nicht. Grundsätzlich versuche ich, ihm den Rücken freizuhalten. Wenn es ihm und seiner Arbeit guttut, stehe ich ihm nicht im Weg. Und an öffentliche Veranstaltungen gehen wir sowieso kaum noch.
Nik: Wir haben uns in den letzten Jahren bewusst zurückgezogen, weil uns die Familie das Wichtigste ist. Statt an Events zu gehen, laden wir zudem lieber Freunde ein. Wir sind uns da sehr einig.

Sie sind ja auch ein eingespieltes Team – seit 26 Jahren.
Nik: Ja. Carla ist seit Beginn meiner Karriere an meiner Seite, sie kennt das Geschäft genauso gut wie ich. Trotz des TV-Jobs bin ich vor allem Vater von drei Buben und noch derselbe Mensch, den sie kennt, seit sie 19 ist. Nur ganz am Anfang, als ich zum Radio ging, ist eine Welt für sie zusammengebrochen (lacht).
Carla: Eigentlich wollten wir ja in Bern zusammen Jus studieren, da zieht er einfach nach Zürich. So lässig fand ich das schon nicht!

Carla, gibt es Seiten von Nik, die den TV-Zuschauern verborgen bleiben?
Carla: Ja, das ist völlig normal. Von seinem Banker kennt man auch nicht alle Seiten. Trotzdem ist er zu hundert Prozent Nik. Ich schaue jede Sendung und muss zugeben, dass es mich mit Stolz erfüllt. Ich bin schon auch ein Fan.

Wann gibt es Streit bei Hartmanns?
Carla: Bei einer Kombination aus zu wenig Schlaf und Druck wegen der Schule …
Nik: … Kinder müssen heute so viel leisten, überall der Drang zum Optimum. Da passiert es manchmal, dass man wegen Kleinigkeiten genervt ist und kurz in die Luft geht.

Ihr Ehe-Rezept? Sie erzählten mal, dass Sie vor dem Zubettgehen immer noch gemeinsam einen Kaffee auf der Terrasse trinken.
Nik: Den gibt es noch – aber nicht mehr so oft. Melchior braucht abends Zeit, bis er schläft, und es muss jemand da sein. Aber wir sind ja auch zusammen, wenn wir nicht im gleichen Raum sind.
Carla: Manchmal nehmen wir uns Zeit, gemeinsam mit dem Hund zu spazieren oder ins Kino zu gehen. Aber schon eher selten.

Wie stark halten die Buben Sie auf Trab?
Nik: Sehr, aber sie sind ja auch ein grosser Bestandteil unseres Lebens. Constantin macht sein Ding, ist der Familie aber noch sehr nah. Bei Frederik steht der Übertritt in die Oberstufe an – eine anspruchsvolle Zeit. Und Melchior ist natürlich unsere andauernde tägliche Aufgabe, die sich nur dadurch verändert, dass man immer mehr Routine hat, es noch normaler wird. Er macht extrem viel Freude, wir lachen viel. Er hält die Familie auch sehr stark zusammen.

Carla, hatten Sie Angst, dass Sie es nicht schaffen, als Sie von Melchiors Behinderung erfuhren? Weil Sie ja häufig alleine sind …
Carla: Nein, ich habe relativ schnell gemerkt, dass ich Tag für Tag schauen muss und es nichts bringt, zu weit vorauszublicken.
Nik: Melchior gibt ja auch meine Agenda vor – und ja, auch meine Karriere. Weniger ist mehr, und persönliche Interessen steckt man zurück. Zudem: An einem Tag von 24 Stunden hat man durchaus Zeit, sich für andere einzusetzen. Das prägt unser Leben, unseren Umgang mit anderen Leuten.

Melchior gibt Ihnen sicher auch viel.
Nik: Ja, zum Beispiel eine wahnsinnig positive Art, durchs Leben zu gehen. Uns macht nichts so schnell Angst, wir haben keine Sorgen, wenn einer unserer Buben kein Atomphysiker wird. Die Angst zu versagen oder etwas zu verpassen – dagegen sind Carla und ich immun.

Hat es Ihre Beziehung noch enger gemacht?
Nik: Eigentlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gegenteil passiert, grösser. Aber ja, wie wir zusammen funktionieren, das «schläckt kei Geiss weg». Wenn man so eine Familie konzipieren würde: Das wäre ein kitschiges Drehbuch! Aber man kann das nicht planen. Carla ist brutal stark, direkt, und sie holt sich, wenn nötig, Hilfe. Ich weiss, dass sie an alles denkt und einen guten Durchschnitt findet. Ich meine oft, alles müsse perfekt sein, sie kann super beide Augen zudrücken.

Was schätzen Sie, Carla, an Nik?
Carla: Seine grosszügige Art, seine Offenheit, er ist zuverlässig, ideenreich, und hat – ich gebe es zu – ein beeindruckendes Allgemeinwissen. Und natürlich sein Unterhaltungswert, es ist einfach lustig mit ihm (lacht).

Carla Hartmann verabschiedet sich, sie hat einen Termin: Die Juristin ist seit einem Jahr in einem Teilzeitpensum als Friedensrichterin beschäftigt. Das gehe trotz der Familie, weil sie sich die Arbeitszeit sehr frei einteilen könne.

Carla war sicherlich ein Glücksgriff für Sie, nicht wahr?
Nik: Ja, wir haben uns gefunden. Aber man muss auch sehen: Wieso binden sich viele Leute nicht mehr langfristig? Weil sie denken, es könnte etwas Besseres kommen. Mag sein, aber man sollte lernen, Verpflichtungen einzugehen, nicht abzuspringen, wenn es mal bergab geht.

Hatten Sie beide Krisen?
In jüngeren Jahren. Aber eben, wenn man sofort aufgibt, dann weiss man ja gar nicht: (er singt) «Nach em Räge schiint d’Sunne!» Ich habe auch keine Angst vor dem Moment, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wir haben viel Verbindendes, wie die Freude an Kunst, das Bewirten von Gästen, die Schweiz zu bereisen.

Letzteres machen Sie vorerst ja alleine … Was können Sie uns zu «Winter Wunderland» sagen?
Wir wandeln auf General Suworows Spuren. Seine Geschichte erzählte mir mein Grossvater immer: Der Russe zog 1799 mit seiner Armee über vier Alpenpässe. An einem sind wir bereits gescheitert, einen haben wir gemeistert – so viel kann ich verraten.

Eine besondere Reise haben Sie 2016 gestartet – mit Ihrem Bühnenprogramm «Nik Hartmann – live», mit dem Sie bis letztes Jahr auftraten. Steht ein neues an?
Ja, ich arbeite dran. Das Blatt ist aber noch weiss, der Computer leer: Es sind jedoch einige Ideen da. Ich mache mir keinen Druck, wahrscheinlich wird es 2019 fertig sein.

Carla hat bestimmt auch hier Ihren Segen gegeben. Oder?
Selbstverständlich! (lacht)