Roger Federer
Severin Lüthi: «Roger hat mich als Bub nicht beeindruckt»
Was haben die Erfolge von Roger Federer, Stanislas Wawrinka und des Schweizer Davis-Cup-Teams gemeinsam? Severin Lüthi, den diskreten, aber einflussreichen Trainer. Ein Gespräch über Tennis und sein enges Verhältnis zu Stan und Roger.
Severin Lüthi (38) gibt nicht gerne Interviews, erklärte sich aber dennoch bereit, uns zu treffen, bevor er ins Flugzeug stieg, um mit Roger Federer und Stanislas Wawrinka am US Open zusammenzukommen. Ein Treffen mit dem Mann, der es, ohne Aufsehen zu erregen, geschafft hat, sich im Schweizer Tennis unentbehrlich zu machen.
GlücksPost: Wir befinden uns am Genfer Flughafen, in der Nähe des Palexpo. Denken Sie jedes Mal, wenn Sie hierher kommen, an den Davis Cup?
Severin Lüthi: Ja, das passiert mir oft. Wenn ich mit dem Auto hier vorbeifahre, werfe ich immer einen Blick aufs Palexpo und denke an die Höhepunkte, die ich hier erlebt habe.
Das Schweizer Publikum blickt hoffnungsvoll auf das Halbfinale gegen Italien und sieht das Team gar schon im Finale. Beunruhigt Sie das?
Wir vermeiden es, beim Davis Cup zu sehr vorauszudenken. Natürlich sind wir favorisiert, zuversichtlich und ehrgeizig, aber wir haben auch den nötigen Respekt. Am Freitag ist der erste Match angesetzt, aber er fühlt sich bereits wie ein Halbfinale an, wenn man bedenkt, was auf dem Spiel steht und welcher Druck auf einem lastet. Darauf muss man vorbereitet sein. Ausserdem darf man sich nicht unterkriegen lassen, nicht im Schockzustand verharren, wenn es am ersten Tag schlecht läuft. Das ist zum Beispiel Stans Stärke: Er gibt niemals auf. Je länger es dauert, desto besser wird er.
Denken Sie, dass Stan wieder sehr nervös sein wird, weil er vor heimischem Publikum spielt?
Das denkt man über ihn, aber ich habe ihn in der Schweiz schon sehr gute Matches spielen sehen. Er war in Gstaad im Finale und in Basel im Halbfinale. Gegen Kasachstan tat er sich schwer, aber er hat es überwunden, und ich glaube, im Halbfinale wird ihm das zugutekommen.
Stan hatte ein Schlüsselerlebnis in seiner Karriere: ein Gespräch mit Ihnen im Juni 2012 nach Wimbledon. Was haben Sie zu ihm gesagt?
Wir haben über dies und jenes gesprochen. Besonders wichtig war es immer, dass die Initiative von ihm ausging. Die Stärke von Stan ist es, dass er sehr ehrlich zu sich selbst ist. Er stellt sich die richtigen Fragen und ist offen für Antworten, die wehtun. Ich habe ihm geraten, zu versuchen, sich noch besser kennenzulernen, sich noch mehr darüber im Klaren zu werden, was er tun möchte, und mehr an den Job als an die Ergebnisse zu denken. Er fragte mich, was er erreichen kann. Ich weiss es nicht, aber sicher ist, dass die Frage «Kann ich es wieder unter die Top 10 schaffen?» die falsche ist.
Sprechen Sie mit Stan genauso wie mit Roger Federer?
Meiner Meinung nach muss sich ein Trainer jedem Spieler anpassen. Natürlich ist es hilfreich, eine Leitlinie zu haben, aber ich versuche, nichts zu erzwingen. Stan und Roger sind recht verschieden. Beide sind starke Charaktere, die aber intelligent genug sind, eine Entscheidung zu akzeptieren.
Den gesamten Text lesen Sie in der Ausgabe 35 vom 28. August 2014.