Roger Federer
Seine stille Unterstützerin
Der Tennisheld pausiert, musste sich unters Messer legen. Doch vorher erfüllte er sich und seiner Mutter einen grossen Traum. Ob er den Zeitpunkt seiner OP bewusst so gewählt hat – um sie nicht zu enttäuschen?
Eine echte Hiobsbotschaft: Bis Juni fällt Roger Federer aus – der Körper streikt! «Mein rechtes Knie hat mich seit einer Weile gestört», erklärte der Tennisstar auf Instagram. «Ich dachte, es würde von alleine weggehen, aber nach einer Untersuchung und Diskussionen mit meinem Team habe ich mich entschieden, mich einer Kniearthroskopie in der Schweiz zu unterziehen.» Bei diesem Eingriff – bei ihm offenbar am Meniskus – werden die Operationsinstrumente über kleine Hautschnitte eingeführt. Die Ärzte hätten danach bestätigt, dass er die richtige Entscheidung getroffen habe. Und sie seien optimistisch, dass sich das Knie vollständig erhole. Federer ist es auch. Er schliesst mit den Worten: «Ich bin allen dankbar für die Unterstützung und kann es kaum erwarten, bald wieder zu spielen, wir sehen uns auf dem Rasen!» Er meint jenen in Wimbledon: Plan ist, dass er an seinem Lieblingsturnier wieder fit auf dem Platz steht. Dennoch: Bei jeder Verletzung wächst bei den Fans die Angst vor Federers Karriere-Ende. Er selbst sagte letztes Jahr, dass der Gedanke an den Rücktritt «sehr real» sei. Ein Datum nannte er noch nie, betonte aber stets, dass er schauen müsse, wie er sich körperlich fühle.
In seiner Mitteilung erwähnte Federer, dass ihm das Knie schon länger Probleme mache. Warum er sich erst jetzt «richtig» darum kümmerte, dürfte einen ganz bestimmten Grund haben: seinen «Match in Africa» in Kapstadt Anfang Februar. Wie viel ihm dieser bedeutete, erwähnte er nach dem Spiel: «Ich bin so stolz, meine Wurzeln hier in Südafrika zu haben. Ein Traum ist wahr geworden.» Eine Absage wäre eine riesige Enttäuschung gewesen – für das Land und für ihn persönlich. Und er wollte wohl auch eine ganz besondere Person nicht enttäuschen: Mama Lynette (68). Sein Traum war auch ihr Traum.
Es war ein Gänsehaut-Moment, als sie ins Stadion einlief und ihr Sohn sie liebevoll in die Arme schloss. Und das Publikum feierte die Einheimische, dank der Tennisheld Roger auch ein bisschen den Südafrikanern gehört. Als junge Frau arbeitete Lynette für Ciba-Geigy in Johannesburg, lernte dort Robert Federer (heute 73) kennen und zog vor bald 44 Jahren in die Schweiz. Doch die Verbindung
zu ihrem Geburtsland ist nach wie vor gross, mindestens einmal im Jahr komme sie mit ihrem Mann zurück. «Ich liebe es, habe Familienbande hier und sehe mich noch immer sehr stark als Südafrikanerin», erzählte sie in Kapstadt in einem Radio-Interview.
Und die «Heldin hinter dem Helden», wie sie vom Moderator genannt wurde, gab kleine Einblicke in Rogers Aufwachsen. Diese zeigen, dass sein Kampfgeist, den er auch jetzt wieder eindrücklich demonstriert, schon in der Kindheit da war. Er habe immer grosse Ambitionen gehabt, und «er war der schlechteste Verlierer aller Zeiten». Durch seine viele Energie sei er für sie als Eltern manchmal anstrengend gewesen, aber all das sei eben Teil seines Grosswerdens gewesen. Alle wichtigen Entscheidungen habe Roger selbst getroffen – etwa jene, mit 14 sein Elternhaus zu verlassen und ins Tenniszentrum in der Westschweiz zu ziehen. «Jedes Wochenende, wenn er wieder von zu Hause weg musste, war er traurig.»
Auch wenn er früh eigene Wege ging, standen seine Eltern immer hinter ihm, unterstützten ihn aus der Ferne – moralisch und trotz begrenzter Mittel auch finanziell. «Sie ist ein wunderbares Mami, er ein wunderbarer Papi», sagt Federer. Sie hätten sowohl für die Bildung seines Charakters wie in der Karriere eine wichtige Rolle gespielt. «Mein Vater war ehrgeizig und fordernd. Meine Mutter ruhiger, sie tröstete mich oft, wenn ich im Ausland spielte und Heimweh hatte.» Auf die Frage, wem er ewig dankbar sein werde, antwortete er mal: «Meinen Eltern.»
Bis heute ist die Beziehung zu ihnen eng. Jeder Tennis-Fan weiss: Oft sitzen sie bei Turnieren in der Box, fiebern neben Schwiegertochter Mirka (41) mit ihrem Sohn mit. Wobei seine Resultate besonders seiner Mutter nicht mehr so wichtig sind wie früher. Das Zusammensein mit der Familie zählt mehr, speziell mit Rogers und Mirkas Zwillingspaaren Myla und Charlene (10) sowie Leo und Lenny (5). «Ich reise meinem Sohn immer noch regelmässig hinterher», sagte Lynette 2017 in der «Basler Zeitung». «Heute aber aus anderen Gründen als früher. Als stolze Grossmutter möchte ich eine intensive Beziehung zu meinen Enkeln pflegen.» Roger weiss seine engagierten Eltern zu schätzen, sagte erst kürzlich: «Würde ich aus Australien anrufen, weil ich mit meinen Kindern Hilfe brauche, würden sie in der nächsten Sekunde in den Flieger steigen. Ich schätze mich sehr glücklich, solche Eltern zu haben.»
Klar, dass sie auch jetzt an seiner Seite sind – um ihn und Mirka mit den Kindern zu unterstützen oder ganz einfach, um ihm emotional beizustehen.