«Ich war auch schon nahe am Kollaps»

Eine Portion Chaos gehört seit der Geburt des vierten Kindes zu ihrem Alltag. Deshalb mag sie auch nicht als Super-Mama dargestellt werden. GlücksPost- Redaktorin Yolanda Risi traf die TV-Moderatorin und ihre geliebte Rasselbande während der Ferien am Ägerisee.

Ein wundervoll sonniger Tag am blauen Ägerisee: Sandra Studer (41), ihre Grossfamilie und Verwandte geniessen im Ferienhaus ihrer Eltern die schönen Sommer-Stunden. Nesthäkchen Julia (2) passt aber der Rummel nicht. Sie schneidet wacker Grimassen, streckt die Zunge heraus und macht allerhand Faxen, nur um für den Fotografen nicht lächeln zu müssen. Erst als Mamas Cousin David (43) für sie den Clown spielt, überstrahlt sie mit ihrem Lächeln beinahe ihr Schwesterchen Nina (3).

GlücksPost: Julia scheint schon ein ganz schön «dickes» Köpfchen zu haben.
Sandra Studer: Ja, der Papa sagt, das hat sie von mir (lacht). Juli hat uns alle ganz schön im Griff. Sie ist eben das Nesthäkchen – sowie ich das war – und rutscht einfach überall mit. Aber wenn sie einmal nicht mit ihrer älteren Schwester zusammen ist, muss sie auch nicht im Wettstreit mit ihr um Aufmerksamkeit buhlen und ist ganz lieb.
Wie zur Bestätigung eilt die kleine Julia mit weit ausgestreckten Armen auf ihr Mami zu und geniesst deren Nähe, während ihre drei Geschwister Nina, Gian (12) und Lili (10) nach dem Fotografieren für die GlücksPost fröhlich auf den nahen Spielplatz eilen.

Sandra Studer: Julia war zwar eine Überraschung, aber klar würde ich sie nie mehr hergeben. Unser Familienleben mit vier Kindern ist manchmal ziemlich chaotisch und verlangt viel Organisation und Improvisation. Da muss man die Ruhe haben, auch mal fünf gerade sein zu lassen. Aber wir sind ein gutes Team. Gerade auch Gian und Lili müssen ab und zu einstecken, wenn die beiden Kleinen aufdrehen. Da kann es schon mal vorkommen, dass sie ihre Hausaufgaben noch einmal machen müssen, weil Julia oder Nina ihnen die Arbeitsblätter «dekoriert» oder einen Scherenschnitt daraus gemacht haben.

Haben Sie denn überhaupt noch Zeit für sich selber?
Sandra Studer: Wenn Sie damit Meditieren, Massage und Bücherlesen meinen, nein. Aber das macht nichts. Es kommen wieder andere Zeiten. Und es ist so spannend, die Kinder wachsen zu sehen und sie in ihrem Lernen, Ausprobieren und Entdecken zu begleiten. Eins, zwei, drei und sie sind gross. Die Zeit vergeht so schnell …

Sie moderieren jetzt seit fast 20 Jahren bei SF. Wo steht die Frau ab 40 im TV?
Sandra Studer: Uff, ein grosses Thema! Es hat schon etwas, dass die Frau am TV im Alter unsichtbar wird. Ich glaube aber, da kommt eine neue Generation von Frauen, die etwas selbstbewusster dran bleibt. Warum sollten tolle Moderatorinnen wie Daniela Lager, Christine Maier oder Katja Stauber plötzlich vom Bildschirm verschwinden? Das sind Journalistinnen und keine Missen! Es darf doch keinen interessieren, ob da die eine oder andere Falte dazugekommen ist. Sonst müsste man zuerst bei den Herren ausmisten!

TV-Moderatorin Regula Späni hat sich vor Kurzem ins Privatleben zurückgezogen. Könnten Sie sich das auch vorstellen?
Sandra Studer: (Überlegt einen Moment, bevor sie vorsichtig antwortet) Dieser Job frisst einen über die Jahre auf. Und zu Hause sind die Kinder, die einen –wenn auch im Positiven – aussaugen. Dass man da einfach mal den Stecker ziehen möchte, finde ich absolut verständlich. Ich persönlich weiss noch nicht, wohin meine Reise geht. Ich habe mich immer treiben lassen und bin gut gefahren damit. Ich glaube nicht, dass ich jemals einen lauten Abgang mache und mich offiziell aus der Öffentlichkeit zurückziehe. Das wird einfach so passieren, weil sich mein Leben mit anderem gefüllt hat.

Womit zum Beispiel?
Sandra Studer: Es zieht mich hoffentlich irgendwann wieder auf die Bühne zurück –und mehr Zeit für die Musik hätte ich auch gerne.

Haben Sie denn Ihr berufliches Pensum reduziert?
Sandra Studer: Ja, denn das erste Jahr nach Julias Geburt hatte ich noch so viele Aufträge, dass ich wegen der Doppelbelastung fast kollabiert bin. Da habe ich unter anderem auch meine Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Uns geht es definitiv allen besser, wenn ich kürzer trete.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Aufträge denn heute aus?
Sandra Studer: Da lasse ich das Lustprinzip walten. Mich muss ein Thema, der Inhalt der Sendung oder ein Event interessieren, dann mache ich auch meinen Job gut. Halbe Sachen mag ich nicht mehr machen. Auch für Geld nicht.

Wie kamen Sie zur TV-Sendung «Stars»?
Sandra Studer: Für mich kam vor zwei Jahren die Anfrage, eine Kultursendung zu moderieren, genau richtig. Ich arbeitete bis dahin vor allem vor grossem Publikum und live. Ich hatte Lust, etwas Kleines, Feines zu machen. «Klanghotel» war ein solches Gefäss – und «Stars», wie die Sendung am Sonntagabend auf SF1 jetzt heisst, auch.

Was mögen Sie daran besonders?
Sandra Studer: Einmal im Monat unterhalte ich mich in «Stars extra » mit einer bekannten Persönlichkeit. Schade nur, dass wir einen so späten Sendeplatz haben. Wer früh schlafen geht, verpasst etwas. Diesen Sonntag bitte unbedingt aufbleiben für «Stars live»! Wir zeigen ein Konzert des Lucerne Festival Orchestra, dirigiert von Claudio Abbado.

Unterdessen haben die Kinder genug gespielt und werden langsam ungeduldig. Sandra hat genug geredet, jetzt sind wieder sie an der Reihe. «Mami, Mami, dürfen wir ein Eis haben?», betteln nun Julia, Nina und die grösseren zwei im Chor und holen Sandra zurück in die Gegenwart. Sandra entschuldigt sich, steht auf, und in null Komma nichts sitzen ihre Kinder aufgereiht mit ihr, Onkel David, den Cousins Sergi und Oliver und der Cousine Adriana wie auf dem Stängeli auf einem Bänkli und lutschen genüsslich an ihrer Glace. Für einmal ganz ruhig und friedlich.